Zeitschrift für Palliativmedizin 2012; 13 - FV5
DOI: 10.1055/s-0032-1322961

„Tod und Sterben – eine Reflexion im Anatomiekurs“ – Evaluation eines interdisziplinären Kursprojektes

B Alt-Epping 1, C Lohse 1, C Viebahn 2, N von Steinbüchel 3, F Nauck 1
  • 1Universitätsmedizin Göttingen, Abteilung Palliativmedizin, Göttingen, Germany
  • 2Universitätsmedizin Göttingen, Zentrum Anatomie, Göttingen, Germany
  • 3Universitätsmedizin Göttingen, Med. Psychologie/Med. Soziologie, Göttingen, Germany

Im Göttinger Querschnittsfach Palliativmedizin wird seit 2011 jeweils zu Beginn des Präparierkurses der interdisziplinäre Kursteil „Tod und Sterben – eine Reflexion im Anatomiekurs“ (3×45min) durchgeführt. Ziel ist es, eigene Gefühle zum Präparierkurs, Respekt und Würde im Umgang mit dem Verstorbenen, mögliche Distanzierungsmechanismen und Auswirkungen auf die spätere klinische Tätigkeit zu reflektieren. Mit Kursimplementierung wurden die Vorerfahrungen der Studierenden mit Tod und Sterben und ihre Erwartungen/Befürchtungen gegenüber dem Präparierkurs exploriert, sowie der Kursteil formal evaluiert.

Methodik: Probanden: alle Präparierkurs-Studierenden im SS 2011. Selbstkonzipierte Fragebögen. Befragungen unmittelbar nach der Einführungsvorlesung (Tag 1), nach dem Kursteil (Tag 3), und am Ende des Semesters (Tag 88). Qualitative Auswertung offener Fragen, ansonsten deskriptive Analyse.

Ergebnisse: 224 Studierende; Rücklauf 54,5/70,1/67,9%. Exploration: 95,8% aller Teilnehmer beschrieben Vorerfahrungen in Form von Todesfällen im familiären Umfeld, 39,2% im Freundeskreis. 56,9% hatten bereits einen Sterbeprozess begleitet. Kursevaluation: 57,4% aller Studierenden erwarten einen Nutzen des Kursteils über den Präparierkurs hinaus. Belastungen durch den Präparierkurs wurden eingangs von 89,1% befürchtet, bei Kursende in 61,7% angegeben, und von 38,3% verneint. Somatoforme Störungen wurden sehr selten genannt.

Schlussfolgerung: Trotz breitgefächerter individueller Vorerfahrungen mit dem Thema „Tod und Sterben“ besteht eine deutlich artikulierte psychische Belastung in Hinblick auf den Präparierkurs, wenngleich geringer als vor Kursbeginn befürchtet. Insofern kann der Kursteil eine sinnvolle und notwendige Vorbereitung für den Umgang mit Verstorbenen im Präparierkurs und darüber hinaus sein.