Zeitschrift für Palliativmedizin 2012; 13 - FV3
DOI: 10.1055/s-0032-1322959

Geruch und Geschmack im Alter – eine ressourcenorientierte Perspektive

M Heckel 1, D Rester 2, B Seeberger 2
  • 1Universitätsklinikum Erlangen, Palliativmedizinische Abteilung, Erlangen, Germany
  • 2UMIT-Private Universität für Gesundheitswissenschaften, Medizinische Informatik und Technik, Hall in Tirol, Institut für Gerontologie und demografische Entwicklung, Hall in Tirol, Austria

Hintergrund: Während die olfaktorische und gustatorische Wahrnehmung aus naturwissenschaftlicher und aus philosophischer Sicht gegenüber anderen Sinnsystemen häufig eine Abwertung erfährt, weisen Kulturgeschichte und Alltagserfahrungen auf eine subjektive Bedeutung für Personen hin. Geruch und Geschmack begleiten den Menschen vom Mutterleib an im gesamten Leben. Eine Klärung ihrer Bedeutung im Lebensverlauf nimmt ältere Menschen in den Blick.

Methoden: Eine systematische Literaturrecherche bereitete die Konzeptionierung und Durchführung eines qualitativen Experiments zur Bedeutung von Geruch und Geschmack im Lebensverlauf vor. Es nahmen vierzehn Besucher von Seniorenkreisen in vier Versuchen an dem qualitativen Experiment teil. Die Reaktionen der Teilnehmer auf ausgewählte Riech- und Schmeckproben und erinnerte Gerüche und Geschmäcke wurden erhoben. Die Auswertung der Daten erfolgte modifiziert nach dem qualitativ heuristischen Verfahren und der qualitativen Inhaltsanalyse.

Ergebnisse: Die Literaturrecherche zeigt zur olfaktorischen und gustatorischen Wahrnehmung im Alter vorwiegend quantitative klinische Studien mit pathologischem Fokus. Das qualitative Experiment führt zu der Erkenntnis, dass Geruch und Geschmack im Lebensverlauf älterer Menschen individuelle kulturelle, ökologische und biographische Bedeutungsstrukturen aufweisen, die Ressourcen darstellen.

Schlussfolgerung: Die Methode des qualitativen Experimentes ist für die Untersuchung der Bedeutung von Geruch und Geschmack durch ihre Verbindung von aktuell vorhandenen Gerüchen und Geschmäcken und biographischen Erinnerungen geeignet. Die vorliegende Studie stellt eine erste Annäherung an die Bedeutung von Geruch und Geschmack im Lebensverlauf dar. Eine ressourcenorientierte Betrachtung von Geruch und Geschmack fordert eine Sensibilisierung für sowie konzeptionellen und praktischen Einbezug von alltags- und biografieassoziiertem Geruch und Geschmack in der angewandten Gerontologie und in anderen Fachbereichen.