Z Gastroenterol 2012; 50 - K2
DOI: 10.1055/s-0032-1322359

Chronische Diarrhoe, Anosmie, Alopezie, Onycholysen und Hyperpigmentierung: Diagnose Cronkhite-Canada-Syndrom

C Kaiser 1, J Hoelzl 2, EM Huber 1, S Weidenhöfer 1, A Eigler 1
  • 1Klinik für Innere Medizin 1, Klinikum Dritter Orden, München
  • 2Gemeinschaftspraxis für Pathologie, Diagnose- und Therapiezentrum Nymphenburg am Klinikum Dritter Orden

Ein 71-jähriger Patient berichtete über seit drei Monate bestehende unspezifische abdominelle Beschwerden mit intermittierenden Diarrhoen. Darüber hinaus waren dem Patienten ein progredienter Geschmacksverlust, Haarausfall und ein Verlust sämtlicher Finger- und Zehennägel aufgefallen. Bei der körperlichen Untersuchung fielen außerdem ein dunkles Integument bzw. Pigmentierungsstörungen auf. Laborchemisch ergaben sich keine Hinweise auf ein infektiös/entzündliches, autoimmunes oder toxisches Geschehen. Coloskopisch zeigte sich das Bild einer kontinuierlichen Pancolitis. Bei der morphologischen Begutachtung der Stufenbiopsien fand sich lichtmikroskopisch eine sowohl im terminalen Ileum als auch in sämtlichen Kolon- bzw. Rektumfraktionen ausgebildete Störung der Schleimhautarchitektur, wobei die Krypten immer wieder zystisch erweitert und teilweise auch verzweigt waren. Zudem lag in der ödematös verbreiterten Lamina propria ein vermehrtes entzündliches Infiltrat aus eosinophilen Granulozyten und Lymphozyten vor. In der interdisziplinären Diskussion der eindrucksvollen klinischen und ungewöhnlichen morphologischen Befunde konnte die Diagnose eines Cronkhite-Canada-Syndrom (CCS) gesichert werden. Nach Beginn einer Glucocorticoidbehandlung kam es im kurzfristigen Verlauf zu einer Besserung der Symptomatik. Nach Reduktion auf eine Erhaltungsdosis musste aufgrund einer Allgemeinzustandsverschlechterung die Steroiddosierung wieder gesteigert werden. In einer Verlaufscoloskopie wurden Polypen mit histologisch bis zu hochgradig intraepithelialer Neoplasie entfernt. Das CCS gilt als sehr seltenes, nicht hereditäres, hamartöses Polyposis-Syndrom des gesamten GI-Traktes mit unklarer Ätiologie und Pathogenese. In ca. 14% besteht eine Assoziation mit Karzinomen im GI-Trakt. Die Prognose ist schlecht, Daten aus 1982 haben eine 5-Jahres Mortalität von 55% beschrieben. Wegen der generalisierten Symptomatik des CCS sind chirurgische Eingriffe der Behandlung von Komplikationen vorbehalten. Das mittlere Erkrankungsalter liegt bei 59 Jahren. Das CCS wurde erstmals 1955 beschrieben und ist klinisch durch chronische Diarrhoe, Alopezie, Onycholysen und Hyperpigmentierung charakterisiert. In der Literatur sind vor allem Einzelfallberichte beschrieben mit einer Häufung in Asien.