Z Gastroenterol 2012; 50 - P2_6
DOI: 10.1055/s-0032-1315833

Seltene Fieber und Hepatitisursache – M. Still im Erwachsenenalter

C Becker 1, S Kress 1, U Ramp 2, HC Spangenberg 1
  • 1Med. Klinik I Vinzentiuskrankenhaus Landau
  • 2Pathologisches Institut Westpfalz Klinikum Kaiserslautern

Kasuistik: Ein 78-jähriger Patient stellte sich mit AZ-Reduktion und Fieber seit mehreren Wochen zur stationären Aufnahme vor. Er berichtete über rezidivierende Schmerzen in den stammnahen Gelenken am Rücken, Husten, Halsschmerzen und dunklen Stuhlgang. Bei der körperlichen Untersuchung fand sich ein Druckschmerz im rechten Oberbauch. Der erhobene Lymphknotenstatus war unauffällig.

Diagnostik: Laborchemisch waren Entzündungswerte, Transaminasen (um 100 U/L) und Ferritin (2060ng/ml) erhöht. Gastroskopisch/koloskopisch zeigte sich ein Ulcus ventrikuli, keine Hinweise auf eine CED oder Tumor. In der Bildgebung (Sonografie, CT-Thorax/Abdomen) zeigte sich eine Hepatosplenomegalie. Folgende Hepatitisursachen wurden ausgeschlossen: Virale- und Autoimmunhepatitis, Hämochromatose, HIV, EBV, Prophyrie. Außerdem fand sich kein Hinweis auf Sarkoidose, äthyltoxische Hepatitis, oder Lymphom-erkrankung. Die erweiterte Rheumadiagnostik (RF, ANA, dDNS-AK, ANCA, Kryoglobuline) blieb unauffällig. In der Leberhistologie sah man Rundzellinfiltrate in den Portalfeldern, sowie eine Kupferzellaktivierung was als Folge einer toxischen Schädigung bzw. im Rahmen einer rheumatoiden Grunderkrankung gewertet werden kann.

Therapie und Verlauf: Bei initial erhöhten Entzündungsparametern wurde zunächst ein Infekt der oberen Luftwege angenommen und mit Moxifloxacin behandelt. Nach Auftreten eines Ganzkörpererythems wurde eine allergische Reaktion vermutet und die Antibiose auf Piperacillin/Tazobactam umgestellt. Hierunter waren die Entzündungsparameter rückläufig, wurde jedoch kein Infektfokus gefunden (Blut- und Urinkultur negativ). Bei Persistenz von Gelenkschmerzen, undulierendes Temperaturen (38–39°C) und Transaminasenerhöhungen wurde, nach entsprechender Ausschlussdiagnostik, ein M. Still des Erwachsenenalters diagnostiziert und eine Cortison Therapie mit 60mg begonnen. Hierunter kam es zur sofortigen Fieberfreiheit, deutlichen AZ-Besserung und Normalisierung der Transaminasen.

3 Monate später war der Patient nach Cortisondosisreduktion auf 15mg anhaltend beschwerdefrei geblieben.

Diskussion: Die Adult-onset Still's disease (AOSD), erstmals 1971 von Bywaters beschrieben, ist eine systemische Inflammation unbekannter Ursache. Infekt bezogene Auslöser sowie genetische Faktoren werden diskutiert. Die Prävalenz liegt bei <1:100000 und hat 2Häufigkeitsgipfeln (25–35 sowie 36–46 Lj). Auch Erstmanifestationen im höheren Alter, wie in unserem Fall, sind beschrieben. Zur Diagnosestellung helfen zwei etablierte klinische Scores nach Yamaguchi (Sen./Spez. 96%/92%), und Fautrel (Sen./Spez 80%/98%). Häufige Symptome sind undulierendes Fieber, makulopapulöses lachsfarbenes Exanthem, Arthralgien, sterile Pharyngitis, Lymphadenopathie, Hepatospleno-megalie, Serositis, abdominelle Beschwerden bis zum akuten Abdomen, Hämophago-zytosesyndrom, Koagulopathie, Leukozytose oder Panzytopenie, erhöhte Leberwerte und Ferritin. Der Symptomkomplex des AOSD macht eine umfangreiche differenzial-diagnostische Diagnostik erforderlich, insbesondere weil es Laborparameter zur Diagnose-sicherung bislang nicht gibt. Charakteristisch, aber nicht krankheitsspezifisch, ist oft eine massive Ferritinerhöhung, die auch im vorliegenden Fall letztlich den entscheidenden Hinweis auf ein AOSD gegeben hat. Bei milden Verlaufsformen wird zunächst ein Therapie-versuch mit Aspirin/NSAR empfohlen (Ansprechrate 7–15%). Bei Erfolglosigkeit, schwerer Verlaufsform sowie bei Leberbeteiligung kann ein Therapieversuch mit Cortikosteroiden in 76–95% erfolgreich sein. Alternativ und zur Cortisoneinsparung sind MTX, Azathioprin, Cyclosporin, Cycloposphamid und Biologica erfolgreich eingesetzt worden.