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DOI: 10.1055/s-0032-1314657
Naturheilverfahren und evidenzbasierte Medizin – Kann eine Schrothkur die Therapie bei Patienten mit Typ-2-Diabetes mellitus verbessern?
Seit 60 Jahren wird die Schrothkur, ein Naturheilverfahren angeboten, das etabliert wurde von dem Arzt Johann Schroth. Schrothkur kombiniert eine kalorienreduzierte, ballaststoffreicher Ernährung mit körperlicher Bewegung und Anwendung von Schroth'schen Packungen. Dabei handelt es sich um mehrstündiges Liegen in feuchten, anfangs kalten Laken. Ziel der Therapie ist die Steigerung von Grund- und Leistungsumsatzes, die Stimulation von Herz-Kreislauf- und Immunsystem. Systematische Untersuchungen zu Effizienz der Schrothkur wurden bisher nicht durchgeführt. Gerade bei Patienten mit Typ-2-Diabetes, Übergewicht und Insulinresistenz, könnte eine Schrothkur aber im Vergleich zu herkömmlichen Therapiestrategien mit höherer Effektivität und Steigerung der Lebensqualität assoziiert sein. Um mögliche Effekte unter zu evaluieren wurde von der Mathias-Hochschule Rheine in Kooperation mit dem Deutschen Schrothverband e.V., Oberstaufen, einer Reihe von niedergelassenen Allgemeinärzten und Internisten in Oberstaufen und dem örtlichen Fremdenverkehrsamt, eine prospektive Pilotstudie durchgeführt.
Patienten und Methoden: Es wurden 97 Patienten mit Diabetes mellitus Typ-2 (n=45 Frauen [46%], Alter 65,0±7,9, Diabetesdauer 7,0±6,0 Jahre, BMI 31,8±5,6kg/m2, HbA1c 7,2±1,1%) in die Studie eingeschlossen. Bestimmt wurden zu Beginn, am Ende der Schrothkur und nach 6 Monaten BMI, Blutdruck, HbA1c, Lipidstatus, CRP, hsCRP und die Lebensqualität (SF36).
Ergebnisse: Zu Beginn der Untersuchung hatten 28/97 Patienten (29%) einen HbA1c-Wert von >7,5%. 7/97 Patienten (7%) hatten eine sehr schlechte Stoffwechsellage mit einem HbA1c >9%. Die Mittelwerte betrugen für Cholesterin 199,0±40,1, LDL 122,0±33,7 und HDL 48,3±13,1mg/dl und Triglyzeride 156,7±81,8mg/l. Kreatinin betrug 0,85±0,18mg/dl, CRP 3,53±4,45, hs CRP 3,18±4,16mg/l. Vorläufige Daten: Bis 6 Monate nach Teilnahme an der Schrothkur konnte eine Gewichtsreduktion von 3,4±2,7kg erzielt werden. Der mittlere HbA1c-Wert der Kohorte blieb konstant (p<0,05). Allerdings hatten 40/45 Patienten (89%) vor Teilnahme an der Schrothkur Antidiabetika eingenommen. Bis zum Kurende konnten bei 20 dieser Patienten (50%) die Antidiabetika abgesetzt werden. Bei 19/45 Patienten (42%), die zu Beginn Antihypertensiva eingenommen hatten, konnte deren Dosis reduziert werden. Die Zahl der Patienten mit Lipidwerten im Zielbereich stieg (Cholesterin im Zielbereich vor vs. nach Schroth-Kur: 60% vs. 81%, p<0,001, Triglyzeride im Zielbereich: 52% vs. 81%, p<0,001). 50% der Teilnehmer der Schrothkur gaben bei Studienende an, sich besser zu fühlen.
Schlussfolgerungen: Bei Patienten mit Typ-2-Diabetes mellitus, die an einer Schrothkur teilnehmen, kann bis 6 Monate danach eine signifikante Gewichtsreduktion nachgewiesen werden. Ohne Verschlechterung des Stoffwechsel und der Blutdruckwerte können Antidiabetika und Antihypertensive reduziert werden. Die Lebensqualität der Patienten steigt.