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DOI: 10.1055/s-0032-1314571
Identifizierbarkeit und Online-Schätzung diagnostischer Parameter der Glucose-Insulin-Homöostase
Fragestellung: Diagnostische Entscheidungen über Prä-Diabetes oder Diabetes erfolgen heute auf Basis des gemessenen Blutzuckerspiegels in Bezug auf festgelegte Schwellwerte z.B. entsprechend der Leitlinien der DDG. Um differenziertere Aussagen über Störungen der Glucose-Insulin-Homöostase machen zu können, soll untersucht werden, welche Parameter eines entsprechenden mathematischen Modells aus Messungen identifiziert werden können. Weiterhin soll die Effizienz von Algorithmen zur Online-Schätzung bewertet werden.
Methodik: Die Messwerte wie z.B. der Plasma-Glukose- und -Insulinspiegel werden an einen modellbasierten Schätzer gegeben, der daraus online ausgewählte interne Zustände und Parameter eines mathematischen Modells der Glucose-Insulin-Homöostase ermittelt. Als Modell wird eine Weiterentwicklung des „Minimal Model“ nach Bergman verwendet.
Es können nicht alle Zustände und Parameter gleichzeitig geschätzt werden. Wir führen eine Analyse auf Basis der Empirischen Gramschen Beobachtbarkeitsmatrix ein, die es ermöglicht, im nichtlinearen Modell sowohl die Beobachtbarkeit der Zustände (mit Dynamik) als auch die Identifizierbarkeit der Parameter (ohne Dynamik) in einheitlicher Weise quantitativ zu bewerten. Es wird ein Algorithmus vorgeschlagen, um ausgewählte Kombinationen von Zuständen und Parametern zu finden, die auf Basis der Messung geschätzt werden können.
Ergebnisse: Zwei Parameter sind von besonderem Interesse für diagnostische Zwecke: die Glukoseeffektivität SG charakterisiert die Fähigkeit zum insulinunabhängigen Abbau der Plasma-Glukose, und die Insulinsensitivität SI quantifiziert die Wirkung des interstitiellen Insulins auf den Glukoseabbau. Die Anwendung der Identifizierbarkeitsanalyse auf die Trajektorien des Insulin-Glukose-Systems während eines intravenösen Glukosetoleranztest zeigt folgende Resultate:
((OL))Wird nur die Plasma-Glukose G(t) wird gemessen, können Plasma-Insulin I(t) und SG geschätzt werden, nicht aber SI .
((OL))Wenn Plasma-Insulin I(t) zusätzlich erfasst wird, wird die Identifizierbarkeit deutlich verbessert, so dass bis zu vier Modellparameter einschließlich SI geschätzt werden können.
((OL))Die Situation aus Fall 1. kann verbessert werden, wenn eine kontrollierte Menge von Insulin extern verabreicht wird. Dann sind Parameter des Insulin-Subsystems wie etwa SI auch nur aus der Messung der Plasma-Glukose G(t) identifizierbar.
Um die Schätzung online durchzuführen, erweist sich ein symmetrisches Unscented Kalman Filter (UKF) als der effizienteste Algorithmus.
Schlussfolgerungen: Es kann gezeigt werden, dass z.B. auf Basis eines kontinuierlichen Glukose-Monitoring (CGM) das Plasma-Insulin I(t) und SG online geschätzt werden können. Bei kontrollierter externer Dosierung von Insulin ist darüber hinaus auch eine Schätzung von SI möglich. Auf diese Weise könnte CGM zukünftig genutzt werden, um diagnostische Parameter der Glucose-Insulin-Homöostase patientenspezifisch zu erfassen.