Diabetologie und Stoffwechsel 2012; 7 - P_54
DOI: 10.1055/s-0032-1314551

Mädchen und Knaben mit Typ 1 Diabetes mellitus unterscheiden sich in Bezug auf zugrundeliegender Pathomechanismen und Anfälligkeit für Atherosklerose

K Nagl 1, E Schober 2, B Rami 2, A Willfort-Ehringer 1, M Fritsch 2, G Schernthaner 3, GH Schernthaner 1
  • 1Medizinische Universität Wien, Universitätsklinik für Innere Medizin II, Wien, Austria
  • 2Medizinische Universität Wien, Universitätsklinik für Kinder- und Jugendheilkunde, Wien, Austria
  • 3Krankenanstalt Rudolfstiftung, Medizin I, Wien, Austria

Kardiovaskuläre Erkrankungen (KVE) sind die Haupttodesursache bei jungen Erwachsenen mit Typ 1 Diabetes (T1D). Das KVE-Risiko der Männer ist dreifach höher als das der Frauen. Diabetes erhöht dieses Risiko stark in beiden Geschlechtern, allerdings stärker in Frauen, und führt zur Annäherung des absoluten Risikos beider Geschlechter. Die nicht-invasive Ultraschallmessung der Intima media Dicke (cIMT) ist eine geeignete Methode das Atheroskleroserisiko bei Kindern mit T1D zu bestimmen. Diese Studie beschäftigt sich mit der Frage, ob cIMT bereits bei Kindern und Jugendlichen mit T1D geschlechtsabhängige Unterschiede aufweist und inwiefern zugrundeliegende Pathomechanismen differieren.

In 66 (32m) Kindern und Jugendlichen (Alter 15,5±2,3 Jahre) mit T1D wurde cIMT mittels Duplex-Sonografie gemessen. Aus 24 c-IMT-Messungen (12 auf der linken sowie der rechten Arteria carotis communis) pro Patient wurden gemittelt und mit klinischen Parametern korreliert. Mittels Student's T-Test wurden geschlechtsspezifische Unterschiede bestimmt. Multivariate Regressionen für cIMT wurden für klinische Parameter die einen signifikanten Geschlechtsunterschied aufwiesen (Model 1), sowie für Parameter die mit CIMT korrelierten (Model 2) erstellt.

Folgende klinische Parameter wiesen geschlechtsspezifische Unterschiede auf (p<0,05): HbA1c, mittlerer Blutzucker (MBG), Serum-Kreatinin; und (p<0,1): Körpergröße, Body mass index (BMI), Cholesterin und C-reaktives Protein. Nach Altersadjustierung zeigten Mädchen geringere cIMT (mm) (0,29±0,05) als Knaben (0,32±0,06) (t=3,502; p=0,001). Auch die klinischen Parameter die mit cIMT korrelierten waren geschlechtsspezifisch unterschiedlich. Während cIMT der Mädchen mit BMI (r=0,441; p=0,009), Insulintagesdosis(r=-0,346; p=0,045) und HbA1c (r=0,437; p=0,010) korrelierte; korrelierte cIMT bei Knaben mit der T1D-Dauer (r=0,304; p<0,1). Das Geschlecht der Patienten zeigte sich als einziger signifikanter unabhängiger Einflusswert auf cIMT (Beta=0,479; p<0,001) (M1). In einer Stepwise-Backward-Regressionsanalyse (M2) erklärten das Geschlecht der Patienten, Alters- und Geschlechtsangepasster BMI und T1D-Dauer zusammen >37% der Varianz von cIMT.

Mädchen hatten niedrigere cIMT als Knaben. Überdies korrelierte cIMT bei Mädchen mit Gewicht und Diabetes bezogenen Parametern aber nicht bei Knaben. Unsere Pilotstudie zeigt, dass eine unterschiedliche Atheroskleroseneigung von Knaben und Mädchen mit T1D bereits nach kurzer Diabetesdauer existiert. Wir schließen aus unseren Ergebnissen, dass die Durchführung einer große klinische Beobachtungsstudie inklusive einer Erfassung des Hormonstatus der Jugendlichen angezeigt ist, da es schon in früherster Jugend starke geschlechtsspezifische Unterschiede in der Entstehung von Atherosklerose bei Patienten mit Typ 1 Diabetes mellitus zu geben scheint.