RSS-Feed abonnieren
DOI: 10.1055/s-0032-1313238
Arzneipflanzenforschung in der Schweiz
Die Schweiz hat eine lange Tradition in der Arzneipflanzenforschung. Alexander Tschirch war an der Universität Bern einer der Begründer des Fachbereichs Pharmakognosie, der zu Beginn des 20. Jahrhunderts in den Pharmazieschulen Europas verselbstständigt wurde. An der ETH Zürich begann Hans Flück mit den ersten analytischen Arbeiten, die später von Otto Sticher fortgesetzt wurden. Zusammen mit Kurt Hostettmann von der Universität Lausanne, später Genf/Lausanne, zählten sie bis zu ihrer Pensionierung zu den führenden Wissenschaftern. Sie trugen viel dazu bei, dass die Inhaltsstoffe wichtiger Arzneipflanzen analytisch erforscht wurden. Sie legten damit die Basis zur Definition der pharmazeutischen Qualität der Pflanzen, z.B. in der Europäischen Pharmakopöe, und für daraus hergestellte Produkte.
Im Jahr 2012 ist die Arzneipflanzenforschung in der Schweiz auf wenige Institute fokussiert. Die Fachgruppe Phytopharmazie der Zürcher Hochschule für angewandte Wissenschaften in Wädenswil [1] beschäftigt sich mit pharmazeutischen Fragestellungen in enger Zusammenarbeit mit der Europäischen und der Schweizer Pharmakopöe. An der Universität Basel [2] wird in der Pharmazeutischen Biologie am Inhaltsstoff- und Wirksamkeitsprofil verschiedener aktueller (Cimicifuga racemosa) und vergessener, aber potenziell aktiver Arzneipflanzen (Isatis tinctoria) gearbeitet. Im Fokus stehen auch Arzneipflanzen aus aller Welt, die als »Food Supplements« in Europa auftauchen. An der Universität Genf [3] wird ähnlich geforscht. Einer der Schwerpunkte ist die phytochemische Charakterisierung von Arzneipflanzen, zuletzt z.B. von Rhodiola rosea und die Untersuchung potenziell risikobehafteter Substanzen in pflanzlichen Zubereitungen. An der Universität Zürich ist das Institut für Naturheilkunde [4] derzeit noch eines der weltweit wenigen Zentren, die sich mit klinischen Studien zu pflanzlichen Arzneimitteln, mit Metaanalysen und mit phytotherapeutischen Konzepten auseinandersetzen. Die Forschungsinstitute Agroscope (Schweizerische Eidgenossenschaft) und Médiplant (u.a. Kanton Wallis) [5, 6] fördern den Arzneipflanzenanbau in den Alpen mit systematischen Untersuchungen.
Zwei Firmen haben in der Schweiz eine eigene Forschung, die in den letzten Jahren mit klinischen und pharmakologischen Publikationen einen nennenswerten Beitrag zum Wirksamkeitsnachweis pflanzlicher Arzneimittel geliefert haben. Bei Max Zeller Söhne AG [7] in Romanshorn stand zuletzt die Pestwurz (Petasites hybridus L.) besonders im Fokus, bei der Bioforce AG [8] (A. Vogel-Produkte) der Rote Sonnenhut (Echinacea purpurea L.).
Pro Forschungseinheit wird eine herausragende Publikation kurz vorgestellt.
Generell bestehen Lücken im Bereich der klinischen Forschung. Die reichlich vorhandenen Erfahrungen von Patienten mit pflanzlichen Arzneimitteln müssten quantifiziert werden, z.B. im Bereich der Neurologie [9]. Für die Industrie eröffnen die »Traditional use«-Monografien der EMA [10] Möglichkeiten, Produkte europaweit zu lancieren – es besteht die Hoffnung, dass mit allfälligem Erfolg die Forschung bezüglich Wirksamkeit forciert wird. Ein grundlegendes Problem besteht darin, dass die Komplexität von Vielstoffgemischen auf jeder Ebene der Arzneimitteldokumentation enorm ist.
Danksagung: Ich danke dem Netzwerk Phytotherapie für die Unterstützung dieser und anderer Arbeiten.
Internetadressen der genannten Institute und Organisationen:
[1] http://www.ibt.zhaw.ch/phytopharmazie
[2] http://www.pharma.unibas.ch/index.php? id=institutes&subid=pharmaceuticalbiology
[3] http://www.unige.ch/sciences/pharm/fasie/index.html
[4] http://www.naturheilkunde.usz.ch/Seiten/default.aspx
[5] http://www.mediplant.ch/index.php/
[6] http://www.agroscope.admin.ch/baies-plantes-medicinales/01298/index.html? lang=de
[8] http://www.bioforce.ch/de/index.php
[9] http://www.smgp.ch/archiv/archivxfiles/jtg.html
[10] http://www.ema.europa.eu/ (type »HMP« in Quick search)