Zentralbl Chir 2012; 137(02): 104-106
DOI: 10.1055/s-0032-1311711
Rechtliches - Urteile und Hintergründe
Georg Thieme Verlag KG Stuttgart · New York

Urteil des OLG München vom 03.11.2011, AZ: 1 U 984/11 – Klage nach Unzufriedenheit mit ästhetischem Ergebnis der Wiederaufbauplastik

A. Thiede
,
Hans-Joachim Zimmermann
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Publication Date:
11 April 2012 (online)

 

Aufklärung bei misslungener sekundärer Rekonstruktion der Brust nach Mammakarzinomoperation.

Medizinischer Sachverhalt

Wegen eines Mammakarzinoms musste bei der Klägerin bereits im Jahr 1985 die rechte Brust entfernt werden. Im Jahr 1998 ließ die Klägerin in der Abteilung für plastische Chirurgie der Beklagten zu 1 von dem damaligen Chefarzt eine Wiederaufbauoperation der rechten Brust durchführen. Die Brust wurde mit Hilfe eines DIEP-Flaps (freies Fettgewebelappentransplantat aus dem Unterbauch) rekonstruiert. Im Herbst 1998 und auch im Frühjahr 1999 führte der Chefarzt jeweils Korrekturoperationen durch.

In der Folgezeit trat in der linken Brust der Klägerin ein Mammakarzinom auf. Aus diesem Grund musste sich die Klägerin vom 9.04.-27.04.2003 erneut in stationäre Behandlung begeben, wo eine modifizierte radikale Mastektomie der linken Brust durchgeführt wurde. Dabei wurde das Brustgewebe einschließlich der Brustwarze entfernt, der äußere Hautmantel wurde allerdings belassen.

Im unmittelbarem Anschluss an die Mastektomie führte der Beklagte zu 2 einen Sofortwiederaufbau der Brust mit einem S-GAP-Flap (Gewebelappen aus der Gesäßregion) durch. Für die Wiederaufbauplastik wurde – da infolge der Rekonstruktion der rechten Brust kein Transplantat mehr aus dem Unterbauch entnommen werden konnte – Gewebe aus der linken oberen Gesäßhälfte der Klägerin entnommen und in die linke Brust implantiert. Die Primärrekonstruktion mit Eigengewebe im unmittelbaren Anschluss an die Mastektomie entsprach der Vorstellung und dem Wunsch der Klägerin, den sie bereits bei ihrer Vorstellung in der Klinik seinerzeit geäußert hatte. Am 09.04.2003 hatte diesbezüglich zwischen der Klägerin und dem Beklagten zu 2 ein Aufklärungsgespräch über den Eingriff stattgefunden, dessen Inhalt allerdings streitig ist. Am 10.04.2003 wurde der Klägerin Bildmaterial von Brustrekonstruktionen mittels DIEP-Flaps gezeigt, nicht jedoch solche mittels eines S-GAP-Flaps.

Infolge der Gewebeentnahme am linken Gesäß entstand eine deutliche Abflachung. Außerdem war die linke Brust der Klägerin postoperativ gegenüber der rechten Brust wesentlich größer und hatte auch eine andere Form. Deswegen unterzog sich die Klägerin in den Jahren 2005 und 2006 bei dem Chefarzt Korrekturoperationen sowohl an der linken Brust als auch im Gesäßbereich.

Die Klägerin hält das ästhetische Ergebnis der Wiederaufbauplastik vom 11.04.2003 für katastrophal. Sie rügt, dass sie vor dem Eingriff nicht ordnungsgemäß über Alternativen und mögliche nachteilige Folgen einer Primärrekonstruktion der Brust mittels S-GAP-Flap aufgeklärt worden sei. Im ersten Rechtszug war außerdem strittig, ob der Beklagte zu 2 den Eingriff kunstgerecht durchgeführt hatte. Die Klägerin begehrt ein Schmerzensgeld in Höhe von mindestens € 15.000,00 sowie materiellen Schadensersatz und Feststellung ihres Zukunftsschadens.