Neonatologie Scan 2012; 01(01): 29
DOI: 10.1055/s-0032-1310196
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Säuglingssterblichkeit: Sozioökonomische Benachteiligung gefährdet Babys

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Publication Date:
23 August 2012 (online)

Todgeburten und ein früher Kindstod kosten auch in westlichen Ländern immer noch vielen Kinder das Leben. Die Häufigkeit des plötzlichen Säuglingstods kann durch die Aufklärung über die Schlafposition deutlich reduziert werden. Entsprechende Empfehlungen erreichten aber nicht alle Bevölkerungsschichten gleich schnell, wie Angela M. Wood et al. berichten.

Die Autoren untersuchten retrospektiv die Veränderungen der Häufigkeit des plötzlichen Kindstods im Verhältnis zu anderen Ursachen der Säuglingssterblichkeit in den ersten 12 Lebensmonaten in Schottland in den Jahren 1985 – 2008. Dabei berücksichtigten sie alle Einlingsgeburten mit einem Geburtsgewicht von mehr als 500 g in der 28. – 43. Gestationswoche. Die Assoziation zur sozioökonomischen Situation der Mutter berechneten sie anhand der 7 Kategorien des „Carstairs socioeconomic deprivation scores“, wobei die Kategorie 7 die Lebensumstände mit dem größten sozioökonomischen Mangel darstellt. Um die zeitliche Entwicklung nachzuvollziehen, unterteilten sie den betrachteten Zeitraum in 4 Perioden à 6 Jahren.

Über den Beobachtungszeitraum hinweg veränderte sich die Assoziation zwischen sozioökonomischer Kategorie und dem Risiko für Todgeburt und frühen Kindstod (p = 0,04). Dabei hatte der plötzliche Kindstod einen entscheidenden Einfluss auf diese Veränderung (p < 0,001). Bei Frauen aus Regionen mit geringem sozioökonomischem Mangel sank die Rate der so verstorbenen Babys im Zeitraum von 1990 – 1993, nach Bekanntwerden der Risikoreduktion durch Vermeiden der Bauchlage und der Initiation entsprechender Aufklärungskampagnen, stark. Bei Frauen aus sozioökonomisch stark benachteiligten Gebieten war dieser Rückgang zwischen 1992 und 2004 wesentlich langsamer. Die Ergebnisse deuten darauf hin, dass die Empfehlungen zur Schlafposition schlechter gestellte Mütter wesentlich langsamer erreichte, als solche aus besser gestellten sozialen Schichten. Durch die unterschiedliche Entwicklung in den verschiedenen sozioökonomischen Kategorien stieg die Wahrscheinlichkeit (Odds Ratio) für eine Assoziation von sozioökonomischem Mangel und plötzlichem Säuglingstod von 2,04 zwischen 1985 und 1990 auf 7,52 im Zeitraum von 1991 – 1996 und 9,50 im Zeitraum von 1997 – 2002. Im Zeitraum von 2002 – 2008 nahm die Wahrscheinlichkeit dann wieder ab auf 1,78. Diese Veränderungen blieben auch signifikant nach Berücksichtigung zahlreicher anderer mütterlicher Risikofaktoren für einen plötzlichen Kindstod. Die übrigen Todesursachen in den ersten 12 Monaten zeigten zudem keine derart ausgeprägten Veränderungen der Assoziationen zwischen sozioökonomischem Status und Todesursache des Neugeborenen bzw. Säuglings – hier blieb das Risiko für die Säuglingssterblichkeit in etwa konstantem Maße bei sozial Schwachen gegenüber besser gestellten sozialen Schichten erhöht.