Neonatologie Scan 2012; 01(01): 18-19
DOI: 10.1055/s-0032-1310181
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Ernährung und Gastrointestinaltrakt
© Georg Thieme Verlag KG Stuttgart · New York

Einfluss von Probiotika auf die mikrobiologische Flora bei Frühgeborenen

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Publication Date:
23 August 2012 (online)

Die mikrobiologische Besiedlung des Darmtrakts beginnt bei der Geburt, und die Art der Darmflora wird wesentlich von der Art der Ernährung bestimmt: Bei gestillten Kindern herrschen Bifidobacterium bifidum und Laktobazillen vor (sog. Bifidusflora, ca. 90 %); bei mit Formulamilch ernährten Kindern liegt der Anteil der Bifidusflora deutlich niedriger, an ihrer statt kommen teilweise pathogene Arten dazu, wie Clostridien, Staphylokokken oder Bacteroides sp. Vor allem sehr kleine Frühgeborene sind – u. a. wegen der oft fehlenden Muttermilch und der Gabe von Antibiotika – anfällig gegenüber pathogenen Mikroorganismen und können eine nekrotisierende Enterokolitis entwickeln. Eine polnische Arbeitsgruppe hat nun untersucht, ob eine Zufütterung von Lactobacillus rhamnosus GG zur Flaschennahrung sich günstig auf die Darmmikroflora der Frühgeborenen und in der Folge auf die Häufigkeit von Komplikationen und das allgemeine Gedeihen auswirkt.

Die Zugabe eines Probiotikums in Form von Lactobacillus rhamnosus GG (LGG) zur Formulanahrung für Frühgeborene führt zu einer raschen Kolonisierung des Darm mit Lactobacillus. Die Menge pathogener Mikroorganismen in der Darmflora, die Länge des Klinikaufenthalts und die Gewichtszunahme der Kinder werden allerdings nicht positiv beeinflusst. Dieses Ergebnis erzielte die Arbeitsgruppe der Universität Warschau in einer randomisierten, Placebo-kontrollierten Doppelblindstudie mit insgesamt 47 Frühgeborenen (Geburtsgewicht über 1000 g, Geburt vor der vollendeten 32. Schwangerschaftswoche), die ansonsten gesund waren.
21 Kinder erhielten mit jeder morgendlichen Fütterung zusätzlich zu ihrer normalen Ernährung das Probiotikum (LGG 6 × 109 Zellen pro Einheit), 26 Maltodextrin als Placebo, jeweils spätestens ab Tag 3 nach der Geburt bis Tag 42. Primärer Endpunkt war die Menge der Bifidoflora und von Enterokokken in Stuhlproben der Kinder an den Tagen 7, 21 und 42.
Bei der Auswertung zeigte sich, dass die Menge an LGG im Stuhl der Interventionsgruppe an den Tagen 7 und 21 signifikant höher lag als in der Placebogruppe, nicht jedoch an Tag 42. Ebenso war die Anzahl der Enterobacteriaceen in der Probiotikumgruppe an allen untersuchten Tagen höher, die Anzahl von Enterococcus sp. an Tag 21 und von Staphylococcus sp. an den Tagen 7 und 42. Anaerobier – außer Lactobacillus – wurden nicht nachgewiesen. Diese Befunde setzten sich allerdings im Studienzeitraum nicht in einen positiven klinischen Befund um: Die Kinder der Interventionsgruppe blieben statistisch betrachtet unbedeutend länger in der Klinik als die Kinder der Placebogruppe (49,9 Tage vs. 46 Tage), ebenso fanden sich keine Unterschiede bei der Notwendigkeit einer Antibiotikagabe oder der Gewichtszunahme.