Neonatologie Scan 2012; 01(01): 15-16
DOI: 10.1055/s-0032-1310177
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Ernährung und Gastrointestinaltrakt
© Georg Thieme Verlag KG Stuttgart · New York

Säuglingskoliken und Durchschlafprobleme – Melatonin in der Muttermilch könnte ein Gegenmittel sein

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Publication Date:
23 August 2012 (online)

Zu den häufigsten Problemen in den ersten Lebensmonaten gehören Koliken und schlechtes Durchschlafen in der Nacht. Pädiater aus Israel untersuchten, inwieweit gestillte Kinder damit weniger Probleme haben als mit künstlicher Säuglingsnahrung gefütterte Kinder und welche Rolle der Melatoningehalt der Milch dabei spielen könnte.

Melatonin fördert das Einschlafen und führt zur Entspannung der glatten Muskulatur des Gastrointestinaltraktes. Anders als Erwachsene, schütten Säuglinge nachts kein Melatonin aus. Da Melatonin in der Muttermilch enthalten ist, erscheint es somit plausibel, dass Stillen das nächtliche Durchschlafen fördert und Koliken reduziert.

Die Studie verglich zum einen die Häufigkeit und Schwere von Säuglingskoliken und das Durchschlafverhalten bei gestillten und mit Flaschennahrung gefütterten Kindern. Zum anderen erstellten die Autoren ein Profil der Melatoninkonzentration in der Muttermilch über 24 h und verglichen diese mit dem Melatoningehalt von künstlicher Säuglingsnahrung.

94 Mütter von gesunden 2 – 4 Monate alten Säuglingen füllten dazu einen Fragenbogen zu Irritabilität bzw. vermuteten Säuglingskoliken und dem Schlafverhalten aus. Bei 5 Frauen wurde zusätzlich über 24 h alle 2 h der Melatoningehalt der Muttermilch gemessen – ebenso wie in 3 Proben handelsüblicher künstlicher Säuglingsnahrung für diese Altersstufe.

54 Frauen (57 %) stillten ausschließlich und 40 (43 %) gaben ihren Kindern nur Fertigmilch. In der Stillgruppe gaben 56 % der Mütter anfallsweise Phasen von Irritabilität an, die als mögliche Kolik gewertet wurden. Auf einer Skala von 1 – 10 wurde die mittlere Schwere dieser Attacken mit 5,1 bewertet und sie traten im Mittel 4,8-mal pro Woche auf. In der Gruppe mit Flaschennahrung berichteten signifikant mehr Mütter von möglichen Koliken (72,5 %, p < 0,05), die Attacken wurden als schwerer bewertet (6,4, p < 0,05) und sie traten häufiger auf (5,9-mal pro Woche, p < 0,05). Gestillte Kinder schliefen nach Angaben der Mütter länger als mit Fertigmilch gefütterte (9,2 vs. 8,5 h pro Nacht) – der Unterschied war aber nicht signifikant.

In der Muttermilch zeigte sich eine klare zircadiane Rhythmik der Melatoninkonzentration: Tagsüber waren die Spiegel unterhalb der Nachweisgrenze, zur Nacht stiegen sie an und erreichten einen Peak um 3 Uhr morgens. In keiner der Proben künstlicher Säuglingsnahrung war Melatonin nachweisbar.