Pneumologie 2012; 66(06): 329-337
DOI: 10.1055/s-0032-1309362
Originalarbeit
© Georg Thieme Verlag KG Stuttgart · New York

Spiroergometrische Referenzwerte für die sozialmedizinische Leistungsbeurteilung bei Erwachsenen im Alter über 60 Jahre[*]

Spiroergometric Reference Values for the Sociomedical Assessment of Performance in Adults Aged over 60 Years

Autoren

  • M. Funk

    Institut und Poliklinik für Arbeits- und Sozialmedizin der Justus-Liebig Universität Gießen (komm. Leiter: Prof. Dr. med. Joachim Schneider)
  • J. Schneider

    Institut und Poliklinik für Arbeits- und Sozialmedizin der Justus-Liebig Universität Gießen (komm. Leiter: Prof. Dr. med. Joachim Schneider)
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Publikationsverlauf

eingereicht 06. Februar 2012

akzeptiert nach Revision 16. März 2012

Publikationsdatum:
10. Mai 2012 (online)

Zusammenfassung

Hintergrund: Arbeits- und sozialmedizinisch sind objektive Verfahren zur Abschätzung von Leistungseinschränkungen erforderlich. In der klinischen Arbeitsmedizin ist die spiroergometrische Belastungsuntersuchung etabliert. Sportphysiologisch sind Laktatbestimmungen üblich. Normwerte von arbeitsmedizinisch relevanten Leistungsdaten für ältere Probanden sind relevant, da Patienten in der Begutachtung überwiegend ein höheres Lebensalter aufweisen. Zur Ermittlung der altersentsprechenden Leistungsfähigkeit wurden gesunde Männer und Frauen im Alter von über 60 Jahren untersucht.

Methode und Patienten: 43 Personen (21 ♀/22 ♂) im Alter von 60 – 79 Jahren wurden spiroergometrisch untersucht und Laktat wurde gemessen. Die Ergebnisse wurden mit bisherigen Normwerten verglichen.

Ergebnisse: Die Bruttoleistungsfähigkeit in Watt (W) lag bei den Frauen im Mittel bei 98 W, bei den Männern bei 155 W und fiel im Altersverlauf ab (♀ 60 – 69 Jahre 100 W, 70 – 79 Jahre 93 W; ♂ 60 – 69 Jahre 165 W, 70 – 79 Jahre 139 W). Bei Frauen lag die maximale Sauerstoffaufnahme (♀ 1476 ± 275 ml/min, ♂ 2292 ± 245 ml/min), die gewichtsbezogene Sauerstoffaufnahme (♀ 21,6 ± 4,9 ml/min/kg, ♂ 28,4 ± 4,6 ml/min/kg) und der Sauerstoffpuls (♀ 10,7 ± 2,8 ml, ♂ 16,4 ± 2,1 ml) signifikant niedriger als bei den Männern (p < 0,001). Das maximal erreichte Laktat lag bei den Frauen im Mittel bei 5,83 mmol/l, bei den Männern bei 6,58 mmol/l (p = 0,76).

Schlussfolgerungen: In vorhandenen Studien zur Bestimmung von Normwerten wurden die für die Abschätzung von Leistungseinschränkungen erforderlichen leistungsphysiologischen Parameter überwiegend an jüngeren Personen erhoben. Die leistungsphysiologischen Parameter können nicht auf ältere Personen bezogen werden, da diese im höheren Lebensalter deutlich niedriger liegen. Bei der Ermittlung von Leistungseinschränkungen in der sozialmedizinischen Begutachtung sollten die altersentsprechenden Referenzwerte zugrunde gelegt werden.

Abstract

Background: In order to determine physical capability, objective methods for the assessment of performance are required. Spiroergometry is well established in occupational and social medicine. The existing standard values are defined for younger adults; however patients have predominantly an older age. To determine the age-related physical capability healthy men and women at the age over 60 years were studied.

Methods and Patients: 43 persons (21 ♀/22 ♂), aged 60 – 79 years were examined spiroergometrically, including lactate measurements. The results were compared with previously published standard values.

Results: The maximum capacity in watts (W) for women was 98 W, and for men 155 W and declined with increasing age (♀ 60 – 69 years 100 W, ♀ 70 – 79 years 93 W; ♂ 60 – 69 years 165 W. ♂ 70 – 79 years 139 W). The maximum oxygen uptake (♀ 1476 ± 275 mL/min, ♂ 2292 ± 245 mL/min), the weight-specific oxygen uptake (♀ 21.6 ± 4.9 mL/kg/min, ♂ 28.4 ± 4.6 mL/kg/min) and the oxygen pulse (♀ 10.7 ± 2.8 mL, ♂ 16.4 ± 2.1 mL) were significantly lower in woman compared to men (p < 0.001). The maximum lactate was achieved in women with a mean value of 5.83 mmol/L, and for men of 6.58 mmol/L (p = 0.76).

Conclusions: Studies for the collection of normal values have mainly involved young people. The physiological performance parameters cannot be referred to elderly persons. In the socio-medical assessment age-related normative values should be used to determine residual capacity.

* Teile der Ergebnisse sind Bestandteile der Doktorarbeit von Frau M. Funk.