Geburtshilfe Frauenheilkd 2012; 72 - A3
DOI: 10.1055/s-0032-1309196

Mesonephrisches Adenokarzinom der Vagina – eine seltene maligne Erkrankung in der gynäkologischen Onkologie

I Haberlehner 1, H Koch 1, P Wolfrum-Ristau 1, G Kametriser 2, T Fischer 1
  • 1Universitätsklinik für Frauenheilkunde und Geburtshilfe, Salzburg
  • 2Universitätsklinik für Radiotherapie und Radio-Onkologie, Salzburg

Fragestellung:

In der gynäkologischen Onkologie ist der mesonephrische Tumor der Vagina eine äußerst seltene maligne Erkrankung. In der Literatur finden sich lediglich 4 dokumentierte Fälle. Im Folgenden wird ein Fallbericht mit Verlauf erörtert.

Methode:

Fallbericht einer Patientin und Literaturrecherche.

Fallbericht:

Eine 54-jährige Patientin (1 Partus) wird nach 2-jähriger Menopause wegen neuerlich aufgetretenen Blutungen nach Geschlechtsverkehr in unsere Ambulanz zugewiesen.

Bei der gynäkologischen Untersuchung tastet sich im Scheidenbereich direkt unter der Harnröhre ein ca. 2×1cm großer derber, livider, suspekter Knoten. Zwei Probeexzisionen werden in diesem Bereich entnommen. Die Histologie ergibt eine vaginale Adenose mit mikroglandulärer Hyperplasie, ein differenziertes Adenokarzinom der Vagina histologisch nicht auszuschließen.

In der Magnetresonanztomografie zeigt sich eine tumoröse Läsion zwischen Vagina und Urethra von ca 2,4cm. Es finden sich keine pathologischen Lymphknoten und keine weiteren auffälligen Befunde.

Die Cystoskopie war unauffällig. Nach Tumorboardentscheid wurde eine Excision des Tumors vorgenommen. Histologisch ergab sich ein mesonephrisches Adenokarzinom der Vagina Stadium pT2 R1. Eine R0 Resektion wäre nur durch aggressives chirurgisches Vorgehen möglich gewesen, einhergehend mit einer massiven Einschränkung der Lebensqualität.

Anschließend wurde aufgrund des Tumorstadiums eine kombinierte Radiochemotherapie mit 6 Zyklen Cisplatin 40mg/m2 und lokale Radiatio bis 48Gy im Bereich der paravaginale Region sowie ein vaginales Afterloading durchgeführt.

In der gyn-onkologischen Nachsorge 1 Jahr später zeigte sich in der Bildgebung kein Hinweis auf ein Rezidivgeschehen.

Disskussion:

Ein mesonephritischer Tumor entsteht embryonalgeschichtlich aus dem intermediären Mesoderm. Beim weiblichen Embryo degeneriert der Wolffsche Gang (Urnierengang, mesonephritischer Gang) im Laufe der Embryonalentwicklung.

Aus den Residuen des Wolff'schen Ganges ensteht der mesonephrische Tumor.

Schlussfolgerung:

Aufgrund der Seltenheit der Erkrankung gibt es keine einheitliche Vorgehensweise.

In allen genannten Fällen wurde zunächst ein radikales chirurgisches Vorgehen gewählt. Ob eine anschließende Radio Chemotherapie einer Reduktion der Morbidität dient, kann aufgrund der geringen Fallzahl nicht endgültig entschieden werden.