Zielsetzung: Die Frühsommer-Meningoenzephalitis (FSME) wird durch die Übertragung des FSME-Virus (Flavivirus) auf Menschen durch Zecken verursacht. Ein Infektionsrisiko besteht vor allem in weiten Teilen Süddeutschlands und Österreichs. Da eine spezifische Therapie nicht verfügbar ist, kommt der primären Prävention ein hoher Stellenwert zu. Die Ständige Impfkommission empfiehlt eine FSME-Impfung für Personen, die in den auf der Grundlage der epidemiologischen Daten definierten FSME-Risikogebieten zeckenexponiert sind. Es liegen bislang keine aussagekräftigen Daten über die Anwendung von FSME-Impfstoff während der Schwangerschaft am Menschen vor.
Methoden: Im Rahmen einer prospektiven Followup-Studie wurden von unserem Pharmakovigilanz- und Beratungszentrum zwischen 1993 und 2011 138 Schwangerschaftsausgänge nach FSME-Impfung innerhalb eines Zeitraumes von zwei Wochen vor Konzeption (n=21) bzw. während des I. Trimenons (n=117) dokumentiert. Bei dem Impfstoff handelte es sich um inaktivierte FSME-Viren zur intramuskulären Applikation. Die Befunde wurden unter Einsatz des Fisher's Exact Testes mit den Daten eines Kontrollkollektives (n=777) aus demselben Zeitraum verglichen, das nicht oder unproblematisch exponiert war.
Resultate: Die Rate der Schwangerschaftsabbrüche ohne embryopathische Indikation verhielt sich in beiden Gruppen ähnlich (3/138=2,2% vs. 20/777=2,6%). Im verbleibenden Kollektiv (n=135) trat bei 5 Schwangeren (3,7%) ein Spontanabort im I. Trimenon ohne morphologischen Anhalt für embryonale Anomalien auf, was unterhalb der Inzidenz im Kontrollkollektiv (81/757=10,7%) liegt. Unter den 130 ausgetragenen Schwangerschaften ergaben sich 7 Anomalien ohne homogenes Fehlbildungsmuster: Enzephalozele, Pylorusstenose, Leistenhernie, Trichterbrust, Trisomie 21, Ventrikelseptumdefekt, Urethralklappen. Die Rate kongenitaler Anomalien (7/130=5,4%) entsprach dem Niveau im Kontrollkollektiv (27/676=4,0%; relatives Risiko 1,35; 95%-Konfidenzintervall 0,54–3,15; p=0,47).
Diskussion: Hinweise auf ein erhöhtes Abort- oder Fehlbildungsrisiko nach akzidenteller FSME-Impfung sind bislang nicht erkennbar. Angesichts der begrenzten Erfahrungen sollte jedoch eine FSME-Impfung im ersten Trimenon nur unter strenger Nutzen-Risiko-Abwägung erfolgen.