Gesundheitswesen 2012; 74 - P30
DOI: 10.1055/s-0032-1307370

Medizinisches Krisenmanagement von Epidemien auf kommunaler Ebene – Ist ein Stufenmodell geeignet?

M Yilmaz 1, E Christiansen 1, F Borgmann 1
  • 1Landkreis Osterholz, Osterholz-Scharmbeck

Die Influenzapandemie H1N1 2009 aber auch der EHEC/HUS-Ausbruch 2011 zeigen, dass es insbesondere auf der Ebene des kommunalen Gesundheitsamts immer wieder zu medizinischen Ausnahmesituationen kommt, die ein rasches, der Situation angepasstes Agieren erfordern. Im Gegensatz zu den klassischen Katastrophenschutz-Szenarien gibt es für diese medizinischen Krisensituationen unterhalb der Katastrophen-Schwelle bisher keine etablierten kommunalen Arbeitsstrukturen. Ziel dieses Beitrags ist, eine Problemanalyse durchzuführen und das Stufenmodell des Landkreises Osterholz als praktische kommunale Struktur vorzustellen.

Die klassischen Krisen- und Katastrophenszenarien wie beispielsweise Hochwasser oder große Verkehrsunfälle (Flugzeugabsturz, Eisenbahnunglück, etc.) zeichnen sich dadurch aus, dass es in der Regel ein akutes Ereignis gibt, das zeitlich und örtlich begrenzt auftritt und dann im Rahmen der jeweiligen Katastrophenschutzpläne bearbeitet wird. Demgegenüber sind medizinische Krisenszenarien durch infektiöse Ausbrüche oder Epidemien in der Regel räumlich und zeitlich deutlich dynamischer und ausgedehnter. So ist der Ort des Geschehens in der Regel größer, im Extremfall weltweit. Auch der zeitliche Verlauf ist gegenüber einem akuten Ereignis deutlich länger und kann sich über Wochen bis Monate erstrecken. Die Intensität der Ereignisse kann wellenförmig zu- oder abnehmen. Die Arbeitsbedingungen können durch andere Faktoren (Berichterstattung in den Medien) stark beeinflusst werden. Diese Ausgangsfaktoren erfordern in der Summe eine flexible kommunale Arbeitsstruktur.

Ausgehend von dem kommunalen Katastrophenschutz-Stab beruht das Osterholzer Modell daher auf drei Intensitätsstufen:

  • Stufe I ist eine medizinische Ausnahmesituation, die nicht mehr im Sachgebiet Infektionsschutz, aber noch im Gesundheitsamt bewältigt werden kann.

  • Stufe II ist eine medizinische Krisensituation, die nicht mehr im Gesundheitsamt, aber noch in der Landkreis-/Stadtverwaltung bewältigt werden kann.

  • Stufe III entspricht einer (medizinischen) Katastrophensituation, die mit dem Katastrophenschutz-Stab bearbeitet werden muss.

Das wesentliche Merkmal dieses Stufenplans ist, dass für jede Stufe ein Mitarbeiterstab gegründet wird. Der Lenkungsstab in Stufe I, der Krisenstab in Stufe II und schließlich der Katastrophenschutzstab in Stufe III. Der Lenkungsstab kann so bei größer werdendem Arbeitsumfang nahtlos in den Katastrophenstab übergehen, genauso wie der Katastrophenstab (theoretisch) wieder zurück in den Lenkungsstab umgewandelt werden könnte. Vorteil dieser Struktur ist, dass die Hierarchien und die tatsächliche (personelle) Besetzung im Vorfeld entsprechender medizinischer Krisensituationen erfolgen können. Im Bedarfsfall erfolgt dann lediglich die Aktivierung dieser Organisationsstrukturen.