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DOI: 10.1055/s-0032-1305054
Tollwut-Impfung: wann und wie?
Vaccination against rabies: how and when?Publikationsverlauf
Publikationsdatum:
05. Juni 2012 (online)
Erwiderung
Im Hinblick auf den letalen Ausgang manifester Tollwut sollten bei relevantem Expositionsverdacht umfassende Maßnahmen der postexpositionellen Prophylaxe durchgeführt werden. Dies bedeutet bei ungeimpften Personen die Gabe von Tollwut-Aktivimpfstoff und Hyperimmunglobulin (Kombiimpfung).
Die hier diskutierte Frage bezieht sich auf das Procedere bei erneuter Tollwut-Exposition bereits geimpfter Personen. Da in Deutschland relativ selten die Indikation zur präexpositionellen Impfung gegen Tollwut gestellt wird, ist diese Fragestellung hauptsächlich relevant im Bereich der Reisemedizin und der arbeitsmedizinischen Betreuung von deutschen Arbeitnehmern in Endemiegebieten.
Auf die Gabe des Immunglobulins kann verzichtet werden, wenn ein vollständiger Impfschutz vorliegt [2] [4] [7] [9]. Als vollständig geimpft gelten alle nicht-immunsupprimierten Personen, welche eine ärztlich dokumentierte, vollständige Grundimmunisierung mit in der EU zugelassenen Impfstoffen sowie sämtliche Auffrischimpfungen erhalten haben (alle 5 Jahre, häufig wird eine erste Boosterimpfung ein Jahr nach Komplettierung der Grundimmunisierung empfohlen) [2]. Sofern verfügbar, kann die Höhe des Antikörper-Titers zur Bestätigung einer erfolgreichen Impfung bestimmt werden.
In unserem Artikel haben wir die erneute Durchführung einer Parallelimpfung mit Passiv- und Aktivimpfstoff empfohlen, wenn seit der letzten Impfung mehr als 2 Jahre vergangen sind. Diese Empfehlung beruht auf einer Publikation aus dem Jahr 2009 [5] und wurde in abgewandelter Form auch in den österreichischen Richtlinien aufgegriffen [6].
Nach nochmaliger Recherche kommen wir zu folgender Empfehlung, welche von unseren ursprünglichen Impfempfehlungen abweicht. Unter Berücksichtigung der Daten hinsichtlich der langfristigen Immunogenität moderner Zellkultur-Impfstoffe [8], der weltweiten Knappheit von Passiv-Impfstoff [1] sowie der potenziellen Interferenz von verabreichtem Immunglobulin mit der aktiven Antikörperbildung, empfehlen wir bei potenzieller Tollwutexposition vollständig geimpfter Personen lediglich ein verkürztes aktives Immunisierungsschema (Tag 0 und 3) unabhängig vom Zeitpunkt der zuletzt durchgeführten Impfung. Die Tabelle in unserem Beitrag (Tab. 4 in [3]) haben wir überarbeitet (Tab. [ 1 ]).
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Literatur
- 1 Bourhy H, Goudal M, Mailles A et al. Is there a need for anti-rabies and immunglobulins rationing in Europe ?. Eurosurveillance 14: 19166
- 2 Fachinformation Tollwutglobulin Mérieux Oktober. 2006
- 3 Kümmerle T, Fätkenheuer G, Hallek M. Tollwutimpfung: wann und wie?. Dtsch Med Wochenschr 2012; 137: 793-798
- 4 Manning SE, Rupprecht CE, Fishbein D et al. Human rabies prevention – United States 2008: recommendations of the Advisory Committee on Immunization Practices. MMWR Recomm Rep 2008; 57: 1-28
- 5 Nigg AJ, Walker PL. Overview, prevention, and treatment of rabies. Pharmacotherapy 2009; 29: 1182-1195
- 6 Österreichische Agentur für Gesundheit und Ernährungssicherheit. Leitlinie „Tollwut-Empfehlungen für die Prophylaxe beim Menschen“. Gesundheitsministerium Österreich; 2006. http://www.ages.at/uploads/media/Tollwut_02.pdf
- 7 Robert Koch-Institut. Epidemiologisches Bulletin. 2011. 30. 293
- 8 Strady A, Lang J, Lienard M et al. Antibody persistence following preexposure regimes of cell-culture rabies vaccines: 10-year follow-up and proposal for a new booster policy. J Infect Dis 1998; 177: 1290-1295
- 9 Weltgesundheitsorganisation. Weekly epidemiological record. 2007. 49/50. 425-36