Klinische Neurophysiologie 2012; 43 - P089
DOI: 10.1055/s-0032-1301639

Gangmodulation in Patienten mit Friedreich-Ataxie und sporadischer degenerativen zerebellären Ataxie

M Kamenova 1, R Schniepp 1, M Wühr 1, M Neuhaeusser 1, K Dimitriadis 1, T Klopstock 1, M Strupp 1, T Brandt 1, K Jahn 1
  • 1Neurologische Klinik, Klinikum der Ludwig-Maximilians-Universität München, München

Zerebelläre Defizite führen oft zu Gangataxie und Gleischgewichtstörungen. Die Friedreich-Ataxie ist eine besondere Form hereditärer Kleinhirnerkrankungen, die sowohl die zerebellären Efferenzen des Ncl. dentatus, als auch die kortikospinalen Bahnen betrifft. (Urich et al. 360–71) Ziel der aktuellen Studie war es zu untersuchen, ob sich das Gangmuster von Patienten mit Friedreich-Ataxie von dem von Patienten mit reinen zerebellären Ataxieformen unterscheidet.

Der Gang von 12 Patienten mit Friedreich-Ataxie (FA) (32,1±15,1 Jahre alt, 5f), 20 Patienten mit sporadischer degenerativen zerebellären Ataxie (SAOA) (61,7±14,7 Jahre alt, 14f) und 47 gesunden Probanden (NP) (46,8±19,4 Jahre alt, 27f) wurde mittels einem Drucksensorteppich (GAITRite® System) gemessen.

Patienten mit FA zeigten verminderte selbstgewählte (p<0,001) und langsame (p<0,01) Geschwindigkeiten im Vergleich zu den Normalpersonen und den SAOA-Patienten. Dagegen war die maximale Geschwindigkeit sowohl für die FA–(p<0,001), als auch für die SAOA-Patienten (p<0,05) signifikant kleiner im Vergleich zum Normalpersonenkollektiv.

Insgesamt konnte die aktuelle Studie zeigen, dass es signifikante Unterschiede der Gangmuster zwischen Patienten mit FA und Patienten mit SAOA gibt, vor allem unter den Bedingungen “selbstgewähltes” und “langsames” Gehen. Gemäß der Hypothese einer geschwindigkeitsabhängigen Infiltration von sensorischen Informationen während des langsamen und selbstgewählten Gehens (Schniepp et al.) lässt sich postulieren, dass die zusätzliche Affektion spinothalamischer Verbindungen zur Gangstörung von FA-Patienten während langsamer Lokomotion beitritt.

Mit Hilfe einer multimodalen apparativen Ganganalyse lässt sich eine Differenzierung der Gangmuster verschiedener Ataxieformen erreichen. Die Abweichungen der FA-Patienten bei langsamer und selbstgewählter Geschwindigkeit legen eine Pathologie im Prozess der sensorischen Integration während des Gehens nahe.

Literatur: Referenzen: Urich, H., R. M. Normann, and O. C. Lloyd. Suprasegmental lesions in Friedreich's ataxia, Confin. Neurol. 17.6 (1957): 360-71 Schniepp R, Wuehr M, Neuhaeusser M, Kamenova M, et al. Locomotion speed determines gait variability in cerebellar ataxia and vestibular failure. Mov Disord (2011)