Klinische Neurophysiologie 2012; 43 - V104
DOI: 10.1055/s-0032-1301497

Funktionelle MR-Bildgebung bei Hirntumoren: Aktuelle Entwicklungen

M Essig 1
  • 1Abteilung Neuroradiologie, Universitätsklinikum Erlangen, Erlangen

Zerebrale Tumoren treten mit einer Häufigkeit von ca. 4,5 Personen pro 100.000 Einwohnern auf. Sie werden weiterhin in ca. 2% von Autopsie-Serien beschrieben und machen etwa 1% aller stationären Einweisungen in Krankenhäusern aus. Das Verständnis der Klassifikation, der Pathologie und dem Erscheinungsbild in der modernen Schnittbildumgebung und letztendlich die Erstellung einer Differentialdiagnose anhand von anatomischen Lokalisationen und funktionellen Charakteristika ist eine essentielle Komponente der modernen Neuro-Bildgebung. Aufgaben und Fragen, die hierbei mit den Schnittbildverfahren gelöst werden müssen sind vielfältig. In der Primärdiagnostik ist neben einer Abbildung und Abgrenzung eine Differentialdiagnostik und ein Grading der Tumoren gefordert. Auch müssen Nebenwirkungen erkannt und eine Riskoabschätzung erreicht werden. Im Rahmen der Therapieplanung ist die exakte Abgrenzung und, bei geplanter Neurochirurgischer Intervention, eine Zugangsplanung notwendig. Nach einer Therapie sollte ein Therapiemonitoring und ein Monitoring von Nebenwirkungen geliefert werden. Diese vielfältigen Aufgaben und Anforderungen können am Besten mit der Magnetresonanztomographie erreicht werden, da diese neben ihrer fehlenden Strahlenbelastung auch eine hervorragende Weichteildifferenzierung ermöglicht. Ein Standardprotokoll für die MRT von Hirntumoren finden sie unter www.radiologyprotcols.org. Das Protokoll sollte neben nativen T1- und T2- unbedingt eine FLAIR Aufnahmen, bevorzugt nach Kontrastmittel beinhalten. Die kontrastunterstützten Sequenzen empfehlen sich als 2D- SE oder wenn möglich 3D GRE Sequenzen. Die MR-Diagnostik von Hirntumoren hat sich in den vergangenen Jahren mit zunehmendem Einsatz so genannter funktioneller Verfahren in der Schnittbilddiagnostik deutlich gewandelt. Höhere Feldstärken, stärkere Gradienten oder tumoroptimierte MRT Sequenzen sind mittlerweile weit verbreitet und resultieren zum einen in anatomisch hochauflösenden Bildern für eine subtilere Beschreibung und Differenzierung von Läsion und dem umgebenden Gewebe, zum anderen in einer exakteren pathophysiologischen Beschreibung der Tumoren. Hierdurch wird die Spezifität der Methode signifikant gesteigert und es ergeben sich neue Möglichkeiten für die Therapieentscheidung, Therapieplanung und das Monitoring gerade moderner Kombinationstherapien. Durch innovative Sequenzdesign und optimierte Kontrastmittelapplikationsstrategien ist es heute möglich neben der reinen Morphologie auch funktionelle Parameter wie Perfusion, Vaskularität, Permeabilität der Bluthirnschranke, Infiltrationscharakteristika oder metabolische Eigenschaften der Tumore zu beschreiben. Während zur Diffusions-Tensor-Bildgebung zur Bestimmung der Infiltration und der dynamischen MRT zur Charakterisierung des Kontrastmittelverhaltens lediglich erste Ergebnisse vorliegen, haben sich die T2*gewichtete Perfusionsmessung und die MR-Spektroskopie als feste Bestandteile eines modernen Hirntumorprotokolls etabliert. Die Perfusions-MRT ist einfach durchzuführen und erlaubt eine exaktere Differenzierung der Tumorgrade unabhängig von den Kontrasteigenschaften der Läsion. Des Weiteren ist die Methode geeignet zwischen Tumor und Therapie-induzierten Veränderungen zu unterscheiden. Gleiches gilt für die MR-Spektroskopie welche charakteristische Tumorbedingte metabolische Eigenschaften liefert und somit auch in der Primärdiagnostik zwischen Tumor und Tumorlike- Läsionen unterscheiden kann.

Literatur: Essig M, Knopp MV, Schoenberg SO, Hawighorst H, Wenz F, Debus J, van Kaick G. Contrast enhanced fast fluid-attenuated inversion-recovery (FLAIR) MR imaging in the assessment of primary glial tumors and brain metastases. Radiology 1999; 210:551-557