Klinische Neurophysiologie 2012; 43 - V070
DOI: 10.1055/s-0032-1301473

Roboternavigierte Untersuchung der Tiefenabhängigkeit der Reizstärke bei der transkraniellen Magnetstimulation

S Bremer 1, L Richter 2, S Oung 3, A Schweikard 2, P Trillenberg 1
  • 1Klinik für Neurologie, UKSH, Campus Lübeck; Lübeck
  • 2Institute for Robotics and Cognitive Systems, University of Lübeck, Lübeck
  • 3Graduate School for Computing in Medicine and Life Sciences, Lübeck

Ziele/Fragestellung: Die Tiefenabhängigkeit der Reizstärke (R.) ist relevant für die Korrektur der R. bei bekanntem Reizort und für dessen Suche bei bekannter Schwelle für verschiedene Reizspulen. Wir untersuchen diese Abhängigkeit für das Beinfeld des Motorkortex.

Methoden: Wir verwendeten die Doppelspulen MCB–70 und MCF-B65 und den MagPro X100 Stimulator mit MagOption. Die Abhängigkeit der R. vom Spulenabstand wurde in-vitro bestimmt und mit einem analytischen Ausdruck verglichen. Ein stereo-optisches Tracking- System und ein Roboter sorgten für die Positionierung der Spulen. Wir ermittelten mit beiden Spulen bei 8 gesunden Probanden den Hotspot und bestimmten dann anhand von 30 Reizen mit der Maximum-Likelihood-Methode die Schwelle für ein MEP über dem linken M. abductor hallucis > 50µV, für in 2mm Schritten anwachsendem Abstand der Spule zur Kopfoberfläche [1].

Ergebnisse: Unsere in-vitro-Messung lässt sich gut mit der Theorie, die einen etwa exponentiellen Abfall des elektrischen Feldes mit der Tiefe besagt, vereinbaren: S=S0*exp(-d/d0) mit d0=22,6mm für MCB–70 und 23,6mm für MCF-B65. Die in-vivo Messungen ergaben d0=23,6±1,2 für MCB–70 und 24,3±2,1 für MCF-B65; beide Abweichungen nach oben ohne Signifikanz. Das Verhältnis der Schwellen bei d=0 ist deutlich größer als vorhergesagt: 0,88±1,14 (p < 0,005) (in-vitro=0,647).

Schlussfolgerung: Die publizierte Annahme einer linearen Abhängigkeit der R. von der Tiefe kann widerlegt werden [2]. Die von Epstein et al. [3] zur Tiefenbestimmung vorgeschlagene Methode kann nicht angewendet werden, da wir bei gleichem Abfall des elektrischen Feldes mit der Tiefe unterschiedliche Schwellenverhältnisse gefunden haben. Dies muss Folge der Feldausbreitung in den unterschiedlich leitenden Medien im Schädel sein.

Literatur: [1] Friedemann Awiszus, TMS and threshold hunting (2003), in: Suppl Clin Neurophysiol, 56 (13-23) [2] Mark G. Stokes, Christopher D. Chambers, Ian C. Gould, Tracy R. Henderson, Natascha E. Janko, Nicholas B. Allen and Jason B. Mattingley, Simple Metric For Scaling Motor Threshold Based on Scalp-Cortex Distance: Application to Studies Using Transcranial Magnetic Stimulation, in: J Neurophysiol 94 (4520-4527), 2005 [3] Charles M. Epstein, Daniel G. Schwartzberg, Kent R. Davey, et al., Lokalizing the site of magnetic brain stimulation in humans, in: Neurology, 40, 666, 1990