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DOI: 10.1055/s-0031-1298553
Psychologische Aspekte pädiatrischer Notfallsituationen
Publikationsverlauf
Publikationsdatum:
16. Juli 2012 (online)
Kindernotfälle sind für alle Beteiligten eine außergewöhnliche psychische Belastung. Bei Rettungsdienstmitarbeitern lässt sich dies u. a. auf eine mangelnde Einsatz- bzw. Behandlungsroutine, aber auch auf Gedanken an eigene Kinder zurückführen. Ein systemisches Verständnis pädiatrischer Notfallsituationen erfordert die Anwendung psychologischer Selbsthilfestrategien sowie die Beachtung spezifischer Regeln zur psychischen Ersten Hilfe.
Um die Handlungssicherheit bei Kindernotfällen zu erhöhen, sollten verstärkt Aus-, Fort- und Weiterbildungsmaßnahmen angeboten werden, die gezielt auf die Bedürfnisse und Besonderheiten pädiatrischer Notfallpatienten ausgerichtet sind [17]. Das bisherige Angebot wird von 88 % der Ärzte und 80 % der nicht ärztlichen Rettungsdienstmitarbeiter als „nicht ausreichend“ angesehen [11].
Neben den medizinischen Interventionen sollten dabei auch die psychologischen Aspekte pädiatrischer Notfälle sowie der psychologisch angemessene Umgang mit Kindern und ihren Angehörigen thematisiert werden. Besonders wünschenswert sind realitätsnahe Einsatzsimulationen, mit denen nicht nur die Durchführung einzelner Maßnahmen, sondern insbesondere auch die Kommunikation sowie die Teamarbeit trainiert werden kann [41].
Ebenfalls zu empfehlen sind häufigere Hospitationsmöglichkeiten in Kinderkliniken oder auf pädiatrischen Intensivstationen [11]. Darüber hinaus sollten standardisierte Behandlungskonzepte (leitliniengerechte Algorithmen) und spezialisierte Rettungsmittel wie Baby-Notarztwagen oder Kinder-Notarzt-Einsatzfahrzeuge eine weitere Verbreitung finden als bisher [5], [42].
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