Pneumologie 2011; 65 - A17
DOI: 10.1055/s-0031-1296108

Prävention von Tuberkulose bei Kindern durch Früherkennung von Tuberkulose (TB) bei Au-pairs

H Geerdes-Fenge 1, G Loytved 2
  • 1Unversitätsklinikum Rostock
  • 2Gesundheitsamt Würzburg

Einleitung: Die TB-Rate bei Kindern in Deutschland steigt seit 2008 an. Eine mögliche Infektionsquelle können an TB erkrankte Au-pairs sein.

Methoden: Durch Umfragen bei Gesundheitsämtern wurden 22 Fälle von TB bei Au-pairs gesammelt: von 2002–2010 12 Fälle in Bayern, zusätzlich von 2006–2010 sechs Fälle in Baden-Württemberg, je ein Fall in Hessen und Nordrhein-Westfalen, sowie zwei Fälle aus Österreich. Die Gesundheitsämter führten Umgebungsuntersuchungen durch (Tuberkulin-Hauttest und/oder Interferon-gamma-release-Assay). Bei positivem Testergebnis wurde eine präventive Therapie mit Isoniazid (INH) empfohlen.

Die Zahl der in Deutschland arbeitenden Au-pairs wurde durch eine Befragung der vier größten Au-pair-Versicherer ermittelt.

Ergebnisse: Den Gesundheitsämtern wurde eine Tuberkulose bei 22 weiblichen Au-pairs gemeldet, Alter 19–27 Jahre, Herkunftsländer Kenia (n=9), Georgien (n=4), Mongolei (n=3), Indonesien (n=2) und Nepal, Russland, Rumänien, Peru (jeweils n=1). Drei Au-pairs hatten eine extrapulmonale TB. Bei zwei beschwerdefreien Au-pairs wurde die TB im Rahmen einer Screening-Untersuchung entdeckt. Diese 5 Au-pairs infizierten keine Kontaktpersonen.

Bei 17 Au-pairs bestand eine hoch ansteckende Lungen-TB. Zwischen Einreise und ersten Symptomen vergingen 7,5±5,8 Monate (0–19,3 Monate). Zwischen Symptombeginn und Diagnosestellung vergingen 10,0±6,1 Wochen (3–20 Wochen). Je länger die Dauer der nicht behandelten TB war, desto höher war die Zahl der infizierten Kontaktpersonen (max. 11 Folge-Infektionen pro Au-pair). Insgesamt wurden 47 Personen (21 Kinder, 26 Erwachsene) infiziert. Von 17 Kindern und einem Erwachsenen, die eine Chemoprävention mit INH durchgeführt hatten, erkrankte keiner. Ohne INH-Chemoprävention erkrankte eines von 4 Kindern und 6 von 25 Erwachsenen an TB. Resistenzen bei M. tuberculosis bestanden in 4 Fällen, davon eine Multiresistenz.

In Deutschland arbeiten 10–15.000 Au-pairs pro Jahr, davon ca. 80% aus Hochprävalenzländern für TB (50% frühere UdSSR, 10% Subsahara-Afrika, 10% Südostasien, 10% Südamerika). Die TB-Inzidenz in diesen Ländern ist 100–400 pro 100.000 Personenjahre.

Diskussion: Eine frühe Diagnose einer ansteckenden TB bei Au-pairs schützt vor Folgeinfektionen in den Gastfamilien. Im Falle einer Infektion ist sowohl für Kinder als auch für junge Erwachsene eine INH-Prävention zur Vermeidung einer TB sinnvoll: von insgesamt 18 präventiv behandelten Personen erkrankte keine, von 29 nicht INH-behandelten Personen erkrankten sieben an TB.