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DOI: 10.1055/s-0031-1295388
Testosteron und Psyche – aus andrologischer Sicht mit Blick auf die Gynäkologie
Schwerpunkte der klinischen Andrologie sind: die Infertilität, der Hypogonadismus, die Erektile Dysfunktion, die Senenz und die Kontrazeption. Die „Männermedizin“ basiert auf einer interdisziplinäre Struktur, die von Internisten, Endokrinologen, Urologen, Sportmedizinern, Gynäkologen, Dermatologen, Allergologen, Onkologen, Phlebologen, Psychologen und Venerologen ausgefüllt wird. Ein Schwerpunkt der Klinik und Forschung besteht in der Untersuchung der männlichen Wechseljahre (Aging male) mit dem Syndrom Formenkreis des Libidoverlustes. Zur Spezifik der Symptomatik zählen: Abnahme der Libido, Mangel an sexuellem Verlangen, Erektions- und Orgasmusstörung, Nachlassen der Potenz sowie Abnahme der Anzahl morgendlicher Erektionen.
Androgene können differentiell zur Behandlung des „alternder Mannes“ eingesetzt werden. Zu den gängigen Präparaten zählen: Mesterolon (Vistimon®), Testosteron-Depot, Testosteron Scrotal-Pflaster (Testoderm®), Testosteron Haut-Pflaster (Androderm®), transdermales Testosteron-Gel (Testogel® 2003 Jenapharm), Nebido® (4x Jährlich). Berücksichtigt werden müssen Langzeitfolgen (Neoplasie, Haarverlust), die noch nicht ausreichend untersucht sind. Für die Testosteronsubstitution gilt die klare Indikation, dass ab einem T unter 8 nmol/l (231ng/dl) therapiert werden kann. Ebenso eindeutige Kontraindikationen sind das Prostatakarzinom, die Polyzythämie und der Kinderwunsch. Vor einer Therapie muss eine DRU, eine Blutbilduntersuchung und ein PSA-Test durchgeführt werden, die dann alle 3 Monate wiederholt werden sollten. Was sind die Kriterien des „alternder Mannes“: 1. Verschlechterung des allgemeinen Wohlbefindens; 2. Gelenk- und Muskelbeschwerden; 3. starkes Schwitzen; 4. Schlafstörungen; 5. erhöhtes Schlafbedürfnis, häufig müde; 6. Reizbarkeit; 7. Nervosität; 8. Ängstlichkeit; 9. Körperliche Erschöpfung/Nachlassen der Tatkraft; 10. Abnahme der Muskelkraft; 11. Depressive Verstimmung; 12. Gefühl, das der Höhepunkt des Lebens überschritten sei; 13. Entmutigt fühlen, Totpunkt erreicht; 14. Verminderter Bartwuchs; 15. Nachlassen der Potenz; 16. Abnahme der Anzahl morgendlicher Erektionen; 17. Abnahme der Libido. Hinzu kommt das Dorian Gray Syndrom: 1. Starker Wunsch, jung zu bleiben, nicht zu altern Verleugnung der Reifungsprozesse; 2. Eingebildete und minimale Fehler mit Scham und sozialem Rückzug (narzisstische Regression); 3. körperdysmorphe Störung sowie 4. Einnahme von Lifestyle-Medikamenten. Hier besteht die Gefahr über die Lifestyle-Medizin über Anabolika zu versuchen Minderwertigkeitsgefühle selbst zu therapieren.
Ein wesentlicher mit dem Testosteronassoziiertes Gebiet ist die Psychodermatologie Liaison Consultation Service), die von Frauen in 71,1% – hingegen von Männern nur in 28,9% in Ansurch genommen wird. Es ist bekannt, dass endokrinabhängige Hautkrankheiten wesentlichen Einfluss auf das Sozialleben der Betroffenen haben. So betrifft die Hypertrichose jedes Alter und beide Geschlechter, wobei nichtandrogenabhängige Körperstellen sowie Terminal oder Vellus-Haare betroffen sind. Der Hirsutismus zeigt Terminal-Haar-Verteilungen mit männlichem Muster nach der Pubertät im Zusammenhang mit Androgen-Metabolismus. Die Auffälligkeiten liegen an androgenabhängigen Körperstellen. Androgenunabhängig Haarwachstumsmuster betreffen Vellus- und Lanugo-Haare und finden sich überall am Körper außer Handflächen und Fußsohlen. Zu den androgensensitiven Behaarungen zählen die Scham- und Achselhaare beider Geschlechter ab der Pubertät. Androgenabhängig sind der Bart, der Rücken und die Brust; Physiologisch ist dies nur bei Männern (Beginn in Pubertät/Adoleszenz).
Der Hirsutismus bei Frauen ist charakterisiert durch: a) terminales Haarwachstum, androgenabhängig, in Arealen mit männlichem Verteilungsmuster einschließlich Gesicht (Oberlippe und Bartregion); Brust (Brustwarzen und Mitte); Abdomen (Linea alba); Innenseiten der Oberschenkel; b) kongenital, erworben, iatrogen oder idiopathisch. Esssentiell ist die Anamnese: Beginn und zeitlicher Verlauf, Familienanamnese, Menstruationszykus, ethnische Herkunft, Effekte von Medikamenten, Galaktorrhoe. Die klinischen Symptome zeigen sich im Gesicht und in der Körperverteilung der Haare, im Haarverlust (der Alopecie), in dermatologischen Symptomen und der Veränderung des BMI. Ein ACTH/Dexamethasontest kann bei Hirsutismus wegweisend sein: Dexamethason 0,5mg viermal täglich für 5 Tage. Am 6. Tag sollte zwischen 8–9 Uhr die Blutentnahme nüchtern erfolgen. Betroffene vermeiden taktilen Kontakt. Die Gefühle des Ausgeschlossenseins und der sozialen Zurückweisung sowie der Beeinträchtigung der Lebensqualität dominieren zunehmend. Die am häufigsten vermiedenen Situationen sind: Sonnenbäder, Sport, öffentliche Umkleiden, Situationen mit engem Körperkontakt. Hinzukommen die Vermeidung von Intimität und die konsekutiven Partnerschaftsprobleme.
Literaturempfehlung
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Bao AM, Swaab DF: Sexual differentiation of the human brain: relation to gender identity, sexual orientation and neuropsychiatric disorders. Front Neuroendocrinol 2011; 32: 214–226.
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Brosig B, Kupfer J, Niemeier V, Gieler U: The „Dorian Gray Syndrome”: psychodynamic need for hair growth restorers and other „fountains of youth”. Int J Clin Pharmacol Ther 2001; 39: 279–283.
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Garcia-Falgueras A, Swaab DF: Sexual hormones and the brain: an essential alliance for sexual identity and sexual orientation. Endocr Dev 2010; 17: 22–35.
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