Z Geburtshilfe Neonatol 2011; 215 - PO05_09
DOI: 10.1055/s-0031-1293358

Gibt es für die Reifung des autonomen Nervensystems ein kritisches Schwangerschaftsalter?

A Rudolph 1, S Jäkel 1, E Heinicke-Riedel 1, E Schleußner 2, D Hoyer 3, U Schneider 1
  • 1Universitätsklinikum Jena, Klinik für Frauenheilkunde und Geburtshilfe, Abteilung Geburtshilfe, Jena
  • 2Universitätsklinikum Jena, Frauenklinik, Abt. Geburtshilfe, Jena
  • 3Universitätsklinikum Jena, Hans-Berger-Klinik für Neurologie, Biomagnetisches Zentrum, AG Systemanalyse, Jena

Ziel: Die Regulation des fetalen Herzfrequenzmusters (fHFM), die den Einfluss des autonomen Nervensystems (ANS) abbildet, kann quantitativ mittels der fetalen Schlag-zu-Schlag-Herzfrequenzvariabilität (fHRV) beurteilt werden. Hierfür ist ein elektrophysiologisches fHF Monitoring, wie es die fetale Magnetokardiographie (fMKG) darstellt, notwendig. Vorunterssuchungen legen nahe, dass die Entwicklung des ANS nicht linear erfolgt [1]. Ziel dieser Studie ist es, Belege für ein kritisches Entwicklungsintervall zwischen 28–32 SSW herauszuarbeiten.

Methodik: Alle Feten, gesunde Einlinge mit unauffälligem perinatalem Outcome, wurden mittels fMKG über 30 min/Messung untersucht. Aus dem fMKG wurde die Zeitreihe der fetalen QRS Komplexe zur fHRV gewonnen und das fHFM rekonstruiert. Ruhige und aktive fHFM wurden visuell vorklassifiziert [1] und jeweils 10 min Abschnitte analysiert: SDNN, fVLF, fLF [2] – sympathische Regulation; RMSSD; fHF –parasympathische Modulation und die mittlere HF. In einer Querschnittstudie (QS) wurden 72 Feten zwischen 23–41 SSW einmalig, in einer Längsschnittstudie (LS) insgesamt 42 Feten 2–3x untersucht und hier intraindividuell folgende Reifungsintervalle (RI) verglichen: (a) 23/1–28/0; (b) 28/1–31/0; (c) 31/1–35/0; (d)>35/0.

Ergebnis: Alle fHRV Parameter sind während aktiver fHFM höher als während ruhiger fHFM. In ruhigen fHFM zeigen sich darüber hinaus keine Unterschiede zwischen den einzelnen RI (QS). In aktiven fHFM steigen die Parameter der parasympathischen Modulation im frühesten RI (a-b) am stärksten an, während die Parameter der sympathischen Regulation zwischen (a) und (c) den deutlichsten Anstieg verzeichnen (QS, LS). Zwischen (b) und (c) kommt es zu keinerlei Änderung der fHRV außer einem weiteren Abfall der mittleren HF.

Schlussfolgerung: Sympathikus und Parasympathikus reifen mit unterschiedlicher Geschwindigkeit. Im Zeitraum 28–32 SSW flacht die Entwicklungskurve des Sympathikus ab, was wir als kritische Phase der ANS Reifung interpretieren.

Literatur: [1] Schneider U, Schleussner E, Fiedler A, Jaekel S, Liehr M, Haueisen J, Hoyer D. Fetal heart rate variability reveals differential dynamics in the intrauterine development of the sympathetic and parasympathetic branches of the autonomic nervous system. Physiol. Meas. 30 (2009) 215-26. [2] David M, Hirsch M, Karin J, Toledo E, Akselrod S. An estimate of fetal autonomic state by time-frequency analysis of fetal heart rate variability. J Appl Physiol. 102 (2007) 1057–64.