Z Geburtshilfe Neonatol 2011; 215 - PO04_03
DOI: 10.1055/s-0031-1293341

Die Diagnostik der manuellen Schwangeren-Untersuchung ist subjektiv, eine interpretierte, bewertete und geordnete Konstruktion

KA Hähnlein 1
  • 1Berner Fachhochschule Fachbereich Gesundheit Hebamme, Bern, Schweiz

Ziel: ist, die Analyse einer kriterienorientierten Schwangeren-Untersuchung.

Methodik: Basierend auf der Theorie der Mentalen Modelle verdeutlicht das Verfahren des Lauten Denkens das methodologische Untersuchungshandeln einer Diagnostik, die die humanen Ressourcen Wissen und Fertigkeiten instrumentalisiert (1–7).

Ergebnis: Wissensgesteuerte Suchprozeduren orientieren sich an der Oberfläche der anatomischen Architektur durch gezielte Handgriffe und ordnen Landmarken, Flächen, Regionen, Körperachsen und -ebenen zu. Fertigkeitsgesteuerte Erkundungsprozeduren strukturieren die Verbindung zwischen den Informationen, elaborieren Charakteristika quantitativ und qualitativ, bewerten neue Informationen kognitiv und setzen sie wiederholt in Beziehung zur schwangerschaftsspezifischen Anpassung und Entwicklung. Synchron unterscheiden die somatosensorischen Sinnesmodalitäten die Reizeinwirkungen von Berührung, Druck, Distanz und Vibration durch wechselseitig kombinierte Berührungen und Bewegungen. Parallel regulieren die Hände, Finger und Unterarme bimanuell Kraft, Zeit und Raum und differenzieren Struktur, Konsistenz, Kontur, Konturunterbrechung, Distanz und Proportion durch Eindringtiefe, Nachgiebig- und Verschiebbarkeit des Gewebes. Zudem bezieht das Stimulieren von Bewegungsfähigkeit, Amnion-Undulation, Vibration und Interaktion die funktionellen Eigenschaften von Uterus und Fetus mit ein.

Schlussfolgerung: Der Rückgriff auf die pädagogisch-psychologische Forschung verdeutlicht die manuellen Such- und Erkundungsprozeduren einer kriterienorientierten Schwangeren-Untersuchung. Das sprachliche Hervorheben veranschaulicht neben subjektiv konstruierten Bewertungskriterien bedeutungsbezogene, dynamische und komplexe Entscheidungshandlungen. Reflektierte Expertise legt die beherrschte Variante einer als Routine eingeschätzten Untersuchung offen, die beträchtlich von der resultatverdichteten Diagnose abweicht. Wissen und Fertigkeiten entwickeln sich durch Lebenslanges Lernen und bedürfen klinisch-pädagogischer Forschung (8).

Abb. 1: Das für die Präsentation angefertigte Bildmaterial veranschaulicht die bedeutungsbezogenen Handlungsentscheidungen und Bewertungskriterien einer manuellen Schwangeren-Untersuchung.

Abb. 2: Manualdiagnostik, fertigkeitsgesteuerte Erkundungsprozeduren

Abb. 3: Manualdiagnostik, wissensgesteuerte Suchprozeduren

Literatur: 1 Page, L.A. (2001). Human Resources for Maternity Care: The Present System in Brazil, Japan, North America, Western Europe and New Zealand. International Journal of Gynecology & Obstetrics. 75, S81-S88. 2 ICM (2002). International Confederation of Midwives. Essential Competencies for Midwifery Practice. www.internationalmidwives.org http://www.internationalmidwives.org/Portals/5/Documentation/ EssentialCompsenglish_2002-JF_2007%20FINAL.pdf (Stand 20.02.2010) 3 Seel, N.M. (1991). Weltwissen und mentale Modelle. Göttingen: Hogrefe. Seel, N.M. (2003). Psychologie des Lernens: Lehrbuch für Pädagogen und Psychologen (2., aktualisierte und erw. Aufl.). München: Reinhardt. 4 Anderson, J.R. (1996). Kognitive Psychologie. 1. Aufl. Heidelberg: Spektrum Akademischer Verlag. S. 73-78, 141. 5 Arundell, F., Cioffi, J. (2005). Using a Stimulation Strategy: An Educator's Experience. Nurse Education in Practice. 5(5), 296-301. 6 Glover, P. (1996). Have we lost the art? Assessment and Physical Examination. Australian College of Midwives Incorporated Journal, 9(4), 5-8. 7 Dreyfus, H.L., Dreyfus, S.E. (2000). Kompetenzerwerb im Wechselspiel von Theorie und Praxis. Bern Huber. S.45-67 8 Sakala, C., Corry, M.P. (2008). Evidence-Based Maternity Care: What It Is and What It Can Achieve. Co-published by Childbirth Connection, the Reforming States Group, and the Milbank Memorial Fund http://www.milbank.org/reports/0809MaternityCare/0809MaternityCare.html (Stand 11.11.2010)