Z Geburtshilfe Neonatol 2011; 215 - FV05_04
DOI: 10.1055/s-0031-1293237

Erleben des Geburtsbeginns und Regionalanalgesie – Die Symptome bei Geburtsbeginn sind mit dem Zeitpunkt assoziiert

SM Penz 1, A Petersen 2, K Brendel 1, MM Groß 2
  • 1Zürcher Hochschule für angewandte Wissenschaften, Institut für Hebammen, Winterthur, Schweiz
  • 2Medizinische Hochschule Hannover, Klinik für Frauenheilkunde und Geburtshilfe, AG Hebammenwissenschaft, Hannover

Ziel: Die Definition des Geburtsbeginns durch die Schwangere ist mit dem Verlauf des Gebärens assoziiert.1, 2 Das persönliche Erleben des Geburtsbeginns von Erstgebärenden und perinatale Risikofaktoren3–5 wurden hier auf den Zusammenhang mit der intrapartalen Anwendung der rückenmarksnahen Regionalanalgesie (RA) untersucht.6

Methodik: Im Rahmen der ProGeb-Studie wurden Geburtsverläufe von 549 Erstgebärenden prospektiv dokumentiert. Eingeschlossen wurden Schwangere mit einer Einlingsschwangerschaft ab 34 vollendeten Schwangerschaftswochen, bei denen sich der Fetus in Schädellage befand. Die Analyse der Anwendung der Regionalanalgesie erfolgte mit Kaplan-Meier Schätzungen, logistischer Regression und Cox-Regression. Als Intervalle wurden die Zeit von Geburtsbeginn bis zu einer RA sowie die Muttermundsweite vor RA gewählt.

Ergebnis: 174 Erstgebärende erhielten eine RA. Diese wurde im Median 5,47h (Range: 0,25–51,17h) nach Geburtsbeginn und bei einer Muttermundsweite von 3,3 cm (Range: 1,0– 10,0cm) angewandt. Gastrointestinale Symptome und unregelmäßige Schmerzen als Symptom bei Geburtsbeginn waren mit einer späteren RA assoziiert, emotionale Symptome mit einer früheren RA. Definierte die Erstgebärende ihren Geburtsbeginn vor der Hebamme, erhielt sie früher eine Regionalanalgesie. Schätzte die Hebamme das geburtshilfliche Risiko besonders hoch ein, erhielt die Erstgebärende früher eine RA. Einleitung des Gebärens führte zu einem kürzeren Intervall zwischen Geburtsbeginn und RA sowie zu einer geringeren Muttermundsweite vor RA. Bei Erstgebärenden wurde eine RA häufiger angewandt, wenn das Kind einen größeren Kopfumfang hatte.

Tabelle 1: Eigenschaften des Geburtsbeginns

a Der Geburtsbeginn wurde von der Schwangeren später als von der Hebamme definiert

Geburtsbeginn

Nulliparae (n=549)

Wehen, n(%)

354 (64.5)

Gastrointestinale Symptome, n(%)

25 (2.9)

Schlafstörungen, n(%)

36 (6.6)

Blut, n(%)

41 (7.5)

Schleimpfropfabgang, n(%)

89 (16.2)

Emotionale Veränderungen, n(%)

16 (2.9)

Blasensprung, n(%)

170 (31.0)

Unregelmäßige Schmerzen, n(%)

134 (24.4)

Andere Symptome, n(%)

6 (1.1)

Geburtsbeginn, n(%)a

26 (4.7)

Tabelle 2: Cox Regression zur Anwendung der Regionalanalgesie bezogen auf die Dauer von Geburtsbeginn und die Muttermundsweite (MMW)

a Der Geburtsbeginn wurde von der Schwangeren später als von der Hebamme definiert

b Risikofaktoren enthalten z.B.: Adipositas, Rauchen, Diabtetes, Hypertonus, Planzentainsuffizienz, etc.

c Persönliche Einschätzung des Geburtsrisikos durch die Hebamme (Skala: 1–7)

Kovariablen

Dauer von Geburtsbeginn

(n=154)

Muttermundweite

(n=154)

HR

95% CI

p

HR

95% CI

p

Gastrointestinal e Symptome

0.48

0.23–0.98

0.04

0.68

0.33–1.42

NS

Emotionale Veränderungen

2.96

1.09–8.00

0.03

2.16

0.82–5.65

NS

Unregelmäßige Schmerzen

0.51

0.30–0.86

0.01

1.26

0.75–2.12

NS

Geburtsbeginna

0.20

0.08–0.48

0.00

0.80

0.37–1.72

NS

Risikofaktorenb

0.59

0.47–0.93

0.02

1.44

0.92–2.28

NS

MMW bei Aufnahme, cm

1.03

0.90–1.19

NS

0.72

0.62–0.83

0.00

Einleitung

3.48

2.13–5.69

0.00

1.64

1.04–2.59

0.03

Risikobeurteilung der Hebammec

1.28

1.05–1.57

0.01

1.04

0.85–1.26

NS

Schlussfolgerung: Wie und wann eine Gebärende ihren Geburtsbeginn persönlich definiert, ist signifikant assoziiert mit der Anwendung einer Regionalanalgesie. Dies zeigt, dass neben den bekannten Faktoren auch die persönliche Sichtweise einer Gebärenden wichtig ist für ihre individuelle Betreuung im Kreißsaal.

Literatur: 1) Gross M.M., Hecker H., Matterne A., Guenter H.H., Keirse M.J., 2006. Does the way that women experience the onset of labour influence the duration of labour? British Journal of Obstetrics and Gynecology 113, 289-294. 2) Gross M.M., Burian R.A., Frömke C., Hecker H., Schippert C., Hillemanns P., 2009. Onset of labour: women's experiences and midwives' assessments in relation to first stage duration. Archives of Gynecology and Obstetrics 280, 899-905. 3) Bhattacharya S., Wang T., Knox F., 2006. Analgesia for labour pain--analysis of the trends and associations in the Grampian region of Scotland between 1986 and 2001. BMC Pregnancy and Childbirth 19, 6-14. 4) Ekéus C., Hjern A., Hjelmstedt A., 2009. The need for epidural analgesia is related to birthweight - a population-based register study. Acta Obstetricia et Gynecologica Scandinavica 88, 397-401. 5) Le Ray C., Goffinet F., Palot M., Garel M., Blondel B., 2008. Factors associated with the choice of delivery without epidural analgesia in women at low risk in France. Birth 35, 171-178. 6) Harkins J., Carvalho B., Evers A., Mehta S., Riley E.T., 2010. Survey of the Factors Associated with a Woman's Choice to Have an Epidural for Labor Analgesia. Anesthesiology Research and Practice doi:10.1155/2010/356789.