Z Geburtshilfe Neonatol 2011; 215 - FV04_03
DOI: 10.1055/s-0031-1293230

Fetomaternaler Erythrozyten-Transfer im zweiten Trimenon

WM Merz 1, F Patzwaldt 2, R Fimmers 3, B Stoffel-Wagner 4, U Gembruch 1
  • 1Universitätsklinikum Bonn, Abteilung für Geburtshilfe und Pränatalmedizin, Bonn
  • 2Universitätsklinikum Bonn, Bonn
  • 3Universitätsklinikum Bonn, Institut für Medizinische Biometrie, Informatik und Epidemiologie, Bonn
  • 4Institut für Klinische Chemie und Klinische Pharmakologie, Bonn

Ziel: In frühen Schwangerschaftswochen ist der Nachweis fetaler Erythrozyten (HbF-Zellen) in der mütterlichen Zirkulation aufgrund der geringen Menge schwierig. Wir verwendeten eine durchfluss-zytometrische Methode mit hoher Meßgenauigkeit und niedriger Nachweisgrenze. Die Häufigkeit einer fetomaternalen Blutung (FMH) im zweiten Trimester bei Schwangerschaften mit fetalen Auffälligkeiten sowie der Zusammenhang zwischen invasiven Eingriffen und mütterlicher HbF-Zell-Konzentration wurde untersucht.

Methodik: Frauen bei Aufnahme zum späten Schwangerschaftsabbruch wurden rekrutiert. Blutproben wurden vor Beginn der Intervention entnommen, bei einer Untergruppe auch danach. Antikörper des zytometrischen Verfahrens sind gegen fetales Hämoglobin und erythrozytäre Carboanhydrase gerichtet (Fetal Cell Count Kit®). Verschiedene klinische Daten wurden erhoben (s. Tab. 1).

Ergebnis: 67 Fälle wurden untersucht, einschließlich 31 Probenpaare. In 91.0% der Proben vor Schwangerschaftsabbruch waren HbF-Zellen nachweisbar; in 29.9% der Fälle betrug das transfundierte Volumen ≥4.2mL. Eine FMH ≥30mL hatte in 3.0% der Fälle stattgefunden, und eine chronische FMH, definiert als FMH ≥40% des fetoplazentaren Blutvolumens, in 7.5% der Fälle (s. Tab. 2). Keiner der erhobenen Parameter korrelierte mit Häufigkeit oder Volumen der FMH. Probenpaare vor und nach Schwangerschaftsabbruch enthielten vergleichbare Mengen an HbF-Zellen.

Tabelle 1: Anamnestische und klinische Daten der Untersuchungs-Gruppe (n=67).*

Alter (Jahre)

33.0 (11)

Gestationsalter (abgeschlossene Wochen)

23.0 (7)

Parität

1.0 (1)

RhD negative Mutter

7 (10.4)

Einling

63 (94.0)

Fetale Auffälligkeit

strukturelle Fehlbildung

33 (49.3)

Aneuploidie

26 (38.8)

andere

8 (11.9)

Methode Schwangerschaftsabbruch

medikamentös

65 (97.0)

chirurgisch

2 (3.0)

Fetales Gewicht (g)

530.0 (570)

Pränataler Eingriff

Amniozentese

27 (40.3)

Chorionzottenbiopsie

1 (16.4)

Fetalblut-Analyse

7 (10.4)

Shunt

2 (3.0)

fetoskopische Laserphotokoagulation

1 (1.5)

Anzahl Eingriffe vor Schwangerschaftsabbruch pro Patientin

1.0 (1)

Zeit zwischen Eingriff und Probenentnahme (Tage)

11.0 (12)

Fetozid

ja

38 (56.7)

nein

29 (43.3)

Kurettage

ja

39 (58.2)

nein

28 (41.8)

Gesamtanzahl Eingriffe pro Patientin

2.0 (2)

Zeit zwischen Schwangerschaftsabbruch und Probenentnahme (Tage)

1.0 (1)

*Zahlen als median (Interquartilenbereich, IQR) oder als Anzahl (%) ausgedrückt.

Tabelle 2: Fetomaternale Blutung vor (n=67) und nach (n=31) spätem Schwangerschaftsabbruch.

FMH

vor

Schwangerschaftsabbruch

nach

% (n)

% (n)

≥0.02% HbF-Zellen

91.0 (61)

100.0 (31)

≥0.1% HbF-Zellen

29.9 (20)

32.3 (10)

≥30 mL

3.0 (2)

3.2 (1)

≥40% des FPV

7.5 (5)

9.7 (3)

FPV, Fetoplazentares Blutvolumen.

Schlussfolgerung: Im Vergleich zu unauffälligen Spätschwangerschaften ist bei Schwangerschaften im zweiten Trimester mit fetalen Auffälligkeiten ist eine höhere FMH-Rate nachweisbar.2,3 Invasive pränatale Maßnahmen und Eingriffe im Rahmen des Schwangerschaftsabbruchs beinhalten kein erhöhtes Risiko einer FMH. Wir vermuten, dass plazentare Veränderungen, die bei fetalen Auffälligkeiten beschrieben wurden4 mit einem Verlust der uteroplazentaren Integrität einhergehen und die erhöhte FMH-Rate bedingen.

Literatur: 1. Porra V et al. Transfusion. 2007;47:1281-1289. 2. Sebring ES et al. Transfusion. 1990;30:344-357. 3. Chen JC et al. Cytometry. 2002;50:285-290. 4. Roberts L et al. Placenta. 2000;21:678-683.