Z Geburtshilfe Neonatol 2011; 215 - FV02_03
DOI: 10.1055/s-0031-1293218

Wunschsectio und Strafsectio – eine psychosomatische Betrachtung

R Kästner 1
  • 1Universitätsfrauenklinik der LMU München - Innenstadt, München

Ziel: Sensibilisierung für psychosomatische Betrachtung

Methodik: Analyse langjähriger psychosomatischer Beratungen

Ergebnis: Werdende Eltern, die sich ohne medizinische Begründung einen Kaiserschnitt wünschen, weil es Ihnen als bester Weg erscheint um die bevorstehende Geburt zu bewältigen spalten die geburtshilflich Tätigen in 2 Lager.

Vieles spricht dafür, dass in dem Ansinnen tiefe und zu einem großen Teil verdrängte Ängste oder Traumatisierungen nach einer suboptimalen Lösung streben. Die Art der Interaktion erinnert an die schwierige Behandlung von Pat. mit somatoformen Störungen.

Die Abspaltung der schwierigen Emotionen mündet nicht selten in eine Folie à deux, in der auch die Geburtshelfer die Abwehr aufrecht erhalten, letztendlich bleibt eine heilsame und potente Erfahrung unmöglich, neue Wunden in Kauf nehmend.Eine zunächst hohe Zufriedenheit mit der Wunschsectio weicht auf längere Sicht einem Bedauern und dem häufigeren Wunsch im Falle einer weiteren Geburt eine vaginale Geburt anzustreben.

Wer dem komplexen Thema Wunschsectio einen psychodynamischen Blickwinkel gestattet, kommt nicht umhin auch Situationen zu erkennen, in denen aus vergleichbarer Dynamik ohne tragfähige Begründung ein Kaiserschnitt erfolgt, den Geburtshelfer gegen den Willen der Betreuten durchsetzen – eine Strafsectio. Auch hier sind oft unbewußte Affekte wirksam.

Gute wie schlechte Geburtserfahrung beeinflussen die Eltern-Kind-Bindung.

Schlussfolgerung: Die psychosomatische Sorgfaltspflicht verlangt nach einem Bemühen um Erkennung tiefer emotionaler Probleme und der mühsamen Suche nach einer günstigen Lösung. Ein primärer Kaiserschnitt ist dies in der Regel nicht.