Zentralbl Chir 2011; 136 - P_21
DOI: 10.1055/s-0031-1289052

Ein äußerst ungewöhnlicher Verlauf nach kurativer Operation eines hochsitzenden Ösophagus-Plattenepithelkarzinoms

S Aziriu 1, J Erhard 1
  • 1Evangelisches und Johanniter Klinikum Niederrhein, Viszeral- und Gefäßchirurgie, Dinslaken, Germany

Fragestellung/Einleitung: Wir berichten über einen ungewöhnlichen Krankheitsverlauf nach kurativer Ösophagusresektion

Falldarstellung: Bei einem damalig 52-jährigen Patienten wird nach erfolgreicher neoadjuvanter Behandlung eine offene Ösophagektomie mit mediastinalem Magenschlauchhochzug und zervikaler Anastomose durchgeführt. In der histologischen Aufarbeitung findet sich postoperativ kein vitales Tumorgewebe mehr. Der Patient entwickelt eine partielle Magennekrose mit Fistel zur Trachea. Der Ösophagus wird zervikal ausgeleitet, der Magen partiell entfernt, eine Kaderfistel angelegt. Bei einer septischen Aortenklappeninsuffizienz muss ein Aortenklappenersatz per Sternotomie durchgeführt werden Der Patient erholt sich von den Eingriffen und wird ein Jahr später mittels eines links thorakal geführten Koloninterponates erfolgreich rekonstruiert. Eine Bougierung der zervikalen Anastomose muss über 6 Monate erfolgen. Zuletzt ist der Patient wieder voll in den Arbeitsprozess eingegliedert. 7 Jahre nach der Erstoperation wird bei einer Routineendoskopie im zervikalen Anastomosenbereich ein Plattenepithelkarzinom als de novo carcinoma in situ gefunden. CT und PET ergeben keine weiteren pathologischen Befunde. Es wird eine zervikale Nachresektion mit Anastomose des Kolon zum Hypopharynx durchgeführt. In der histologischen Aufarbeitung lässt sich kein Tumor mehr nachweisen. Aktuell ist der Patient wohlauf. Die ungewöhnliche Häufung von Komplikationen und die Entstehung eines Plattenepithelkarzinoms 7 Jahre nach Erstoperation sind in der Literatur so nicht beschrieben. Insbesondere die erneute Karzinomentwicklung im Restösophagus lässt auf eine besondere Tumoraffinität im vorliegenden Fall schließen. In einer retrospektiven Studie der Universität Freiburg aus dem Jahre 2006 zu Rezidiven nach kurativer Resektion eines Plattenepithel- oder Adenokarzinoms des Ösophagus wurde bei 53% der 83 Patienten ein Lokalrezidiv festgestellt. Dabei war das alleinige Lokalrezidiv mit 38,6% führend. Die rezidivfreie Zeit war mit 9 Monaten im Median deutlich kürzer als in dem von uns beschriebenen Fall.

Schlussfolgerung: Der Fall verdeutlicht die Komplexität der Chirurgie des Ösophaguskarzinoms und die Notwendigkeit der interdisziplinären Absprachen und Therapiemöglichkeiten. Er verdeutlicht auch, dass der Begriff der Heilung zu relativieren ist und eine aufmerksame Nachsorge letztlich lebenslang erfolgen sollte.