Geburtshilfe Frauenheilkd 2011; 71 - V_30
DOI: 10.1055/s-0031-1286518

Heparin moduliert TNF-α-vermittelte Effekte im humanen Endometrium durch Interaktion mit dem Transkriptionsfaktor NF-κB

H Fluhr 1, J Spratte 1, H Meyer zu Schwabedissen 2, N Endlich 3, M Zygmunt 1
  • 1Klinik und Poliklinik für Frauenheilkunde und Geburtshilfe, Universitätsmedizin Greifswald
  • 2Institut für Pharmakologie, Universitätsmedizin Greifswald
  • 3Institut für Anatomie und Zellbiologie, Universitätsmedizin Greifswald

Fragestellung:

Patientinnnen mit habituellen Aborten sowie wiederholtem Implantationsversagen weisen erhöhte Serum- und Gewebe-Spiegel von Tumor-Nekrose-Faktor (TNF)-α auf, wobei dieses inflammatorische Zytokin kausal für die zugrunde liegenden Pathologien mitverantwortlich zu sein scheint. Diese Patientinnen könnten von einer anti-inflammatorischen Behandlung profitieren. Hierbei stellt TNF-α ein interessantes therapeutisches Zielmolekül dar. Im Rahmen dieser Arbeit wurde mittels eines Zellkulturmodells in vitro untersucht, ob Heparine einen modulierenden Einfluss auf TNF-α-vermittelte Effekte am humanen Endometrium haben und welche molekularen Mechanismen gegebenenfalls hierfür ursächlich sind.

Methodik:

Humane endometriale Stromazellen (ESCs) wurde aus Hysterektomiepräparaten isoliert und mittels Progesteron und 17β-Östradiol in vitro dezidualisiert. Nach Inkubation der Zellen mit TNF-α, unfraktioniertem Heparin (UFH), den niedermolekularen Heparinen (NMH) Enoxaparin, Dalteparin und Certoparin sowie mit verschiedenen Signalweg- und Transporter-Inhibitoren erfolgte die Messung von Interleukin (IL)-6 und -8 mittels real-time RT-PCR und ELISA. Die stufenweise Aktivierung/Hemmung des NF (nuclear factor)-κB-Signalweges wurde mittels Durchflusszytometrie, konfokaler Immunfluoreszenzmikroskopie und Aktivitäts-Assays untersucht. Zur Untersuchung der Internalisierung von Heparin in ESCs wurden konventionelle PCRs sowie ein Heparin-Aufnahme- Assay durchgeführt.

Ergebnisse:

UFH und teilweise auch NMH hemmen die durch TNF-α induzierte Sekretion und Expression von IL-6 und -8 in dezidualisierten ESCs. Für die Induktion beider Zytokine spielt der NF-κB-Signalweg eine Rolle. Weder die Aktivierung von NF-κB im Zytoplasma noch dessen Translokation in den Zellkern werden durch UFH beeinflusst. Allerdings senkt UFH die transkriptorische Aktivität von NF-κB im Zellkern durch Interferenz mit der DNA-Bindung des Transkriptionsfaktors. OAT (organic anion transporters) scheinen für die intrazelluläre Aufnahme von Heparin eine Rolle zu spielen, wobei OAT6 und Stabilin-1 in ESCs exprimiert werden.

Schlussfolgerung:

Heparine hemmen TNF-α-vermittelte inflammatorische Effekte in humanen ESCs durch die Interaktion mit dem NF-κB-Signalweg auf Transkriptionsebene im Zellkern, wofür Heparin durch aktiven Transport in die Zellen aufgenommen wird. Diese Ergebnisse unterstreichen die Bedeutung von Heparinen als zellbiologische Modulatoren, unabhängig von ihrer klassischen antikoagulatorischen Wirkung. Heparin und dessen Derivate stellen somit einen interessanten pharmakologischen Ansatz für die Therapie von Implantationsstörungen dar, wobei anti-inflammatorische Effekte möglicherweise wichtiger sind als der Einfluss auf das Gerinnungssystem.