Geburtshilfe Frauenheilkd 2011; 71 - V_4
DOI: 10.1055/s-0031-1286495

Bedeutung der Angiogenese und Osteoklastenaktivität bei Knochenmetastasen des Mammakarzinoms am Beispiel eines präklinischen Tiermodells

C Schem 1, S Tiwari 2, 3, AC Lorenzen 1, S Bender 1, H Kalthoff 2, CC Glüer 3, W Jonat 1
  • 1Klinik für Gynäkologie und Geburtshilfe, Universitätsklinikum Schleswig-Holstein, Campus Kiel, Kiel
  • 2Sektion für Molekulare Onkologie, Institut für Experimentelle Tumorforschung im Krebszentrum Nord – CCC, Universitätsklinikum Schleswig-Holstein, Campus Kiel, Kiel
  • 3Medizinische Physik, Klinik für Diagnostische Radiologie, Molecular Imaging North Competence Center (MOIN CC), Universitätsklinikum Schleswig-Holstein, Campus Kiel, Kiel

Fragestellung: Skeletale Metastasen werden in 65–75% aller Patientinnen mit metastasiertem Mammakarzinom diagnostiziert. Die erhöhte Knochenresorption führt zu osteolytischen Metastasen und ist so für die ausgeprägte Morbidität und Frakturgefahr bei diesen Patientinnen verantwortlich. Die Therapie mit Bisphosphonaten zur Verhinderung der Osteoklasten vermittelten Knochenresorption stellt den derzeitigen Goldstandart dar. Ebenso spielt die Angiogenese für das Microenvironment des Knochens eine bedeutende Rolle. In dieser experimentellen Untersuchung soll die Wertigkeit einer Bisphosphonattherapie in Kombination mit einer antiangiogentischen Therapie mit dem Multithyrosinkinaseinhibitor Sunitinib (SU) bestimmt werden.

Methode: MDA-MB231 Zellen, stabil mit dem Fluoreszenzmarker dsRed transfiziert, wurden in den linken Ventrikel von 6–8 Wochen alten Fox -/- Nacktmäusen injiziert. In diesem etablierten Mausmodell entwickeln sich innerhalb von 4–6 Wochen ausgeprägte Knochenmetastasen. Durch in-vivo Passagen der Modellzellen, bilden sich nahezu ausschließlich Metastasen im Knochen. Gruppen zu je 6–10Mäusen wurden mit SU allein (40mg/kg), Zoledronsäure (ZA) allein (20µg/kg/Woche) oder Kombination von beiden Medikamenten behandelt. Der Behandlungsplan war quasi präventiv, beginnend 2 Tage vor Tumorzellinokkulation. Die Kontrollgruppe erhielt lediglich eine Behandlung mit der Vehikelsubstanz. Die Tumorentwicklung wurde mithilfe des fluoreszierenden Signals in vivo und durch nativradiologische Techniken longitudinal beobachtet. Nach Abschluss der Beobachtungszeit wurden repräsentativ Tumorproben immunhistochemisch in Bezug auf die Angiogenese (CD31), der Ausdehnung der Metastase und der Osteoklastenaktivität (TRAP-assay) analysiert.

Ergebnisse: Die Ergebnisse zeigen, dass die Behandlung in der Kombination (SU+ZA) signifikant die Größe der entstehenden osteolytischen Metastasen reduziert, das Wachstum des Tumors im Knochen insgesamt jedoch steigert. In der Monotherapie lassen sich diese Effekte nicht zeigen. Entsprechend reduziert sich die Osteoklastenaktivität (TRAP-assay) unter der Kombinationstherapie. Im Gegensatz dazu konnte die Kombinationstherapie die Angiogenese nicht suffizient inhibieren, die Monotherapie mit SU generiert jedoch eine signifikante Inhibierung der Angiogenese.

Schlussfolgerung: Die paradoxen Ergebnisse der Kombinationstherapie geben Hinweise auf die komplexe Tumorbiologie der ossären Metastasierung. Angiogenese unabhängige Signaltransduktionswege scheinen in der Kombinationstherapie die Tumorprogression besonders stark voranzutreiben. Dieses Beispiel zeigt, dass ein besseres Verständnis für diese Mechanismen benötigt wird, bevor molekulare Wirkstoffe in neuen Kombinationen klinisch getestet werden sollten. Die Verlaufsbeurteilung des Tumorprogresses mittels molekularem Imaging ist in Bezug auf die Tumorgröße und der limitierten Auflösung derzeit der konventionellen Röntgentechnik unterlegen.