Geburtshilfe Frauenheilkd 2011; 71 - U_1
DOI: 10.1055/s-0031-1286489

Die larvierte Belastungsinkontinenz im Langzeit Follow-up

K Jundt 1, S Ennemoser 1, V von Bodungen 1, K Friese 1
  • 1Klinik und Poliklinik für Frauenheilkunde und Geburtshilfe, Klinikum der Universität München, Campus Großhadern

Fragestellung:

Wird eine Belastungsinkontinenz erst manifest, wenn man einen Prolaps genitalis reponiert, spricht man von einer larvierten Belastungsinkontinenz. In der Prolapschirurgie ergibt sich präoperativ bei Nachweis einer larvierten Belastungsinkontinenz häufig die Diskussion, ob man ein einzeitiges Vorgehen (Prolapsoperation in Kombination mit Inkontinenzeingriff) oder ein zweizeitiges Vorgehen (zunächst Prolaps-Operation, postoperativ Nachweis einer Belastungsinkontinenz, dann Inkontinenz-Operation) favorisieren soll. In einer bereits publizierten Arbeit konnten wir nachweisen, dass die Prävalenz dieser Inkontinenz bei ca. 35% liegt, direkt nach einer Prolaspoperation ohne Inkontinenzeingriff jedoch nur noch 18/233 (7,7%) der Frauen inkontinent sind [1]. Ziel unserer Studie war es deshalb, zu untersuchen, ob auf Grund der Langzeit-Prävalenz der larvierten Belastungsinkontinenz eine gleichzeitige Inkontinenzoperation erforderlich ist.

Methode:

122 Frauen mit durch Stress- und Padtest sowie einer urodynamischen Messung nachgewiesener larvierter Belastungsinkontinenz wurden nach erfolgter Prolapsoperation in einem Zeitintervall von 2–8 Jahren (durchschnittlich 5,9J) urogynäkologisch nachuntersucht.

Ergebnisse:

61 Frauen erschienen zum Follow-up. Bei 6/61 (9,8%) hatte sich zwischenzeitlich eine Belastungsinkontinenz manifestiert und nur eine Patientin (1,6%) hatte sich einer Inkontinenzoperation unterzogen. Bei 15/61 (24,5%) Frauen war es zu einem Redeszensus ohne Leidensdruck gekommen.

Schlussfolgerung:

Trotz des präoperativen Nachweises einer larvierten Belastungsinkontinenz kam es auch im Langzeit Follow-up nur in ca. 10% der Fälle zu einer postoperativen Manifestation, die nur in ca. 2% operationsbedürftig war. Würden nun all diese Frauen mit larvierter Belastungsinkontinenz während der Prolaspoperation auch einer Inkontinenzoperation unterzogen – wie z.B. von Groutz et al. [2] empfohlen – wäre dies in 98% der Fälle ein völlig überflüssiger und mit Risiken behafteter Eingriff.

Referenzen:

[1] Jundt K, Wagner S, von Bodungen V, Friese K, Peschers U. Occult incontinence in women with pelvic organ prolapse – does it matter? Eur J Med Res. 2010 Mar 30; 15(3): 112–6.

[2] Groutz A, et al. Urology. 2010 Dec;76(6):1358–61. Epub 2010 Oct 25.