Geburtshilfe Frauenheilkd 2011; 71 - M_25
DOI: 10.1055/s-0031-1286442

Kontralaterales Mammakarzinom-Risiko bei BRCA1/2-negativen Patientinnen mit familiärer Hochrisikosituation

K Rhiem 1, C Engel 2, M Graeser 1, M Kiechle 3, N Ditsch 4, C Mundhenke 5, R Kreienberg 6, J Tio 7, M Golatta 8, A Hönig 9, D Gadzicki 10, D Speiser 11, K Kast 12, S Briest 13, A Meindl 14, R Schmutzler 1
  • 1Universitäts-Frauenklinik Köln, Zentrum für Familiären Brust- und Eierstockkrebs, Köln, Deutschland
  • 2Universität Leipzig, Institut für Medizinische Informatik, Statistik und Epidemiologie, Leipzig, Deutschland
  • 3Technische Universität München, Klinik für Gynäkologie und Geburtshilfe, München, Deutschland
  • 4Universitätsklinikum Großhadern, Klinik für Gynäkologie und Geburtshilfe, München, Deutschland
  • 5Universitätsklinikum Kiel, Klinik für Gynäkologie und Geburtshilfe, Kiel, Deutschland
  • 6Universitätsklinikum Ulm, Klinik für Gynäkologie und Geburtshilfe, Ulm, Deutschland
  • 7Universitätsklinikum Münster, Klinik für Gynäkologie und Geburtshilfe, Münster, Deutschland
  • 8Universitätsklinikum Heidelberg, Klinik für Gynäkologie und Geburtshilfe, Heidelberg, Deutschland
  • 9Universitätsklinikum Würzburg, Klinik für Gynäkologie und Geburtshilfe, Würzburg, Deutschland
  • 10Charite, Klinik für Gynäkologie und Geburtshilfe, Campus-Mitte, Berlin, Deutschland
  • 11Medizinische Hochschule Hannover
  • 12Universitätsklinikum Dresden, Klinik für Gynäkologie und Geburtshilfe, Dresden, Deutschland
  • 13Universitätsklinikum Leipzig, Klinik für Gynäkologie und Geburtshilfe, Leipzig, Deutschland
  • 14Technische Universität München, Klinik für Gynäkologie und Geburtshilfe, Abteilung Tumorgenetik, München, Deutschland

Zielsetzung:

Für Patientinnen mit einer BRCA1- oder BRCA2-Mutation wurde eine hohe Inzidenz kontralateraler Mammakarzinome beschrieben. Die Datenlage für Patientinnen mit familiären, nicht-BRCA-assoziierten Mammakarzinomen ist hingegen unklar. Die vorliegende Studie untersucht das Risiko für kontralaterale Mammakarzinome bei Patientinnen aus BRCA1- und BRCA2-negativen Hochrisikofamilien und mögliche prädiktive Risikofaktoren.

Methoden:

In der retrospektiven, multizentrischen Kohortenstudie wurden von 1996 bis 2010 3.580 Patientinnen mit einseitigem Mammakarzinom aus 2.793 BRCA1/2-negativen Hochrisikofamilien untersucht. Zur Bestimmung des altersabhängigen Risikos für ein kontralaterales Mammakarzinom erfolgte eine Kaplan-Meier Analyse. Der Einfluss des Ersterkrankungsalters auf das kontralaterale Mammakarzinomrisiko wurde durch eine Cox Regressionsanalyse ermittelt.

Ergebnisse:

Das kumulative Risiko für ein kontralaterales Mammakarzinom im 25-Jahres follow-up beträgt 19% (95%CI 16% bis 22%) für Patientinnen aus Familien mit nicht-BRCA-assoziierten Mammakarzinomen. Dieses Risiko ist gegenüber BRCA1/2-Mutationsträgerinnen (46% bzw. 36%) signifikant niedriger. Ein früheres Ersterkrankungsalter ist mit einem signifikant erhöhten Risiko für ein kontralaterales Mammakarzinom verbunden. Nach 25-jähriger Beobachtungszeit entwickeln 29% (95%CI 20% bis 37%) der BRCA-negativen Patientinnen, die vor dem 40. Lebensjahr an einem Mammakarzinom erkrankt sind, ein kontralaterales Mammakarzinom verglichen mit 15% der Patientinnen (95% CI 10% bis 20%), die nach dem 50. Lebensjahr erkrankt sind. Diese Inzidenzrate entspricht etwa der bei sporadischen Mammakarzinompatientinnen.

Zusammenfassung:

Das Risiko für ein kontralaterales Mammakarzinom bei Patientinnen mit familiären, nicht-BRCA-assoziierten Mammakarzinomen ähnelt dem von sporadischem Mammakarzinompatientinnen und hängt vom Ersterkrankungsalter ab. Daher stellt die prophylaktische kontralaterale Mastektomie keine adäquate präventive Maßnahme für BRCA1/2-negative Mammakarzinompatientinnen dar.