Dtsch Med Wochenschr 2011; 136(36): 1769
DOI: 10.1055/s-0031-1286098
Editorial

© Georg Thieme Verlag KG Stuttgart · New York

Viszeralmedizin 2011 – Interdisziplinär auf dem Weg zum kontinuierlichen Fortschritt

Visceral medicine 2011 – Interdisciplinarily on the road to continuous progressP. Malfertheiner1 , J. F. Riemann2
  • 1Klinik für Gastroenterologie, Hepatologie und Infektiologie, Otto-von-Guericke-Universität Magdeburg
  • 2ehem. Direktor der Medizinischen Klinik C, Klinikum der Stadt Ludwigshafen gGmbH
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Publikationsverlauf

Publikationsdatum:
31. August 2011 (online)

Die Behandlung der Erkrankungen des Verdauungstraktes ist längst zu einer Domäne engster interdisziplinärer Zusammenarbeit geworden, und das „öffentliche” Bekenntnis dazu ist die, inzwischen seit Jahren fortgeschriebene, gemeinsame Jahrestagung der Deutschen Gesellschaft für Verdauungs- und Stoffwechselkrankheiten und der Deutschen Gesellschaft für Allgemein- und Viszeralchirurgie, die unter dem Überbegriff „Viszeralmedizin” geführt wird.

Der Begriff der Interdisziplinarität ist weit zu fassen. Die Hauptprotagonisten der Viszeralmedizin, Gastroenterologen und Chirurgen, stehen in engem Schulterschluss mit weiteren Spezialdisziplinen, wie der diagnostischen und interventionellen Radiologie, der Pathologie, der Mikrobiologie und Immunologie. Es gibt kaum einen medizinischen Bereich, der nicht in einer mehr oder weniger engen Beziehung zum Fachgebiet der Viszeralmedizin steht. Das Spektrum der Krankheitsbilder, die wir in der „Viszeralmedizin” erkennen, behandeln und weiter erforschen müssen, umfasst entzündliche, neoplastische, stoffwechselbedingte und neuroviszerale Erkrankungen. Die Ursachen sind vielfältiger Natur, oftmals komplex und vielfach ineinandergreifend. Die Erforschung der Ursachen und der Pathomechanismen erlaubt uns, gezielte Behandlungsmaßnahmen zu ergreifen. Entsprechend wurden auch in der Behandlung die Grenzen der einzelnen Disziplinen überschritten. Entscheidende Fortschritte in der Behandlung gastrointestinaler und hepatologischer Erkrankungen erwachsen aus der Gemeinsamkeit der Interessen, die aus differenzierten Blickwinkeln und unterschiedlichen Expertisen der Disziplinen geboren werden.

Der Kenntniszuwachs im Bereich der Gastroenterologie/Hepatologie innerhalb eines Jahres ist enorm und verlangt von uns nicht nur die Auffrischung unseres Verständnisses der pathologischen Verdauungs- und Stoffwechselprozesse und der Fortschritte in der endoskopischen Bildgebung und Intervention, der histologischen Morphologie sowie der radiologischen Bildgebung. Darüber hinaus müssen wir uns auch über die molekularen und zellbiologischen Abläufe der Krankheitsgeschehen ins Bild setzen. Schließlich sind uns die größten therapeutischen Neuerungen über die Entdeckung neuer molekularer Zielstrukturen eröffnet worden.

Wir freuen uns, auch in diesem Jahr aus Anlass des Kongresses für Viszeralmedizin ein Schwerpunktheft der DMW präsentieren zu dürfen. Die ausgewählten Krankheitsentitäten beleuchten das Zusammenspiel von chronischer Entzündung und Krebsentstehung, leiten neue Therapieansätze aus den molekularen Grundlagen ab und zeigen nicht zuletzt Aspekte der Prävention auf. Dargestellt ist auch ein Beispiel einer abdominellen Erkrankung mit systemischem Bezug sowie die ständige Bedrohung durch Infektionserreger am Beispiel der EHEC-Epidemie. Chirurgische Beiträge zeigen, wie sich neben den kurativen Ansätzen Fortschritte in der onkologischen Palliativmedizin durch die Verbindung von chirurgischer Intervention mit pharmakologischen Prinzipien erzielen lassen. Mit einem Pro und Contra zu Biologika bei chronisch-entzündlichen Erkrankungen ist das belebende Element der Kontroverse mit einbezogen, die sich trotz gleichbleibender evidenzbasierter Daten durch subtile Interpretationen der Befunde zum Wissensgewinn einbringt.

Im Rahmen des Kongresses wird darüber hinaus vielen wichtigen Neuerungen auf dem Gebiet ernährungsbedingter Störungen (Adipositas u.a.) mit ihren metabolischen Komplikationen ebenso wie neuroviszeralen Krankheiten der gebührende Stellenwert eingeräumt.

Tiefgründiges Krankheitsverständnis und die Kenntnis der sich ständig weiterentwickelnden Therapiestrategien ist die Voraussetzung den Anforderungen unseres Faches gerecht zu werden. Es ist unsere persönliche Verantwortung, uns dem stetigen Wissenszuwachs zu öffnen und zum Wohle unserer Patienten einzubringen. Wir hoffen, mit der Themenwahl das Interesse der Spezialisten auf dem Gebiet der Viszeralmedizin geweckt zu haben und darüber hinaus auch Ärzten aus anderen Fachgebieten, die in die Versorgung gemeinsamer Patienten eingebunden sind, wertvolle Informationen zu liefern.

Seien Sie uns in Leipzig herzlich willkommen!

Prof. Dr. Dres. h.c. Peter Malfertheiner

Klinik für Gastroenterologie, Hepatologie und Infektiologie
Otto-von-Guericke-Universität

Leipziger Str. 44

39120 Magdeburg

Telefon: 0391/67 13 100

Fax: 0391/67 13 105

eMail: peter.malfertheiner@med.ovgu.de