Endo-Praxis 2011; 27(03): 127
DOI: 10.1055/s-0031-1285977
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Georg Thieme Verlag KG Stuttgart · New York

Aus Praxis & Klinik – Qualitätsverbesserung durch Leitlinie und Sedierungskurse

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Publication Date:
12 August 2011 (online)

 

Mit der S3-Leitlinie "Sedierung in der gastrointestinalen Endoskopie" gibt es in Deutschland erstmals evidenz- und konsensbasierte Empfehlungen zur Sedierung in der Endoskopie, die klare Aussagen zur Struktur- und Prozessqualität machen [1]. Im Januar 2009 entwickelte die DEGEA in Zusammenarbeit mit Gastroenterologen, Anästhesisten, Juristen und Bildungsexperten ein Curriculum für einen 3-Tages-Kurs, um Endoskopiepflege- und -assistenzpersonal nach einem strukturierten Fortbildungscurriculum im Umgang mit Sedierung in der Endoskopie zu qualifizieren [2]. Seit Mai 2009 besteht ein gemeinsames Anerkennungsverfahren von DEGEA und DGVS. Inzwischen wurden insgesamt 331 Kurse von 26 Anbietern anerkannt (Stand 6/2011). Dabei wurden ca. 4000 Personen geschult. Im August 2010 wurde entsprechend der Empfehlung der S3-Leitlinie zur periodischen Wissensaktualisierung ein 1-Tages-Refresherkurs veröffentlicht, nach dem bereits 30 Kurse akkreditiert wurden [3].

Die S3-Leitlinie und die Sedierungskurse haben die Endoskopie in den letzten 3 Jahren maßgeblich verändert. Eine erste Umfrage Anfang 2010 unter den Absolventen der ersten Kurse ergab, das bei 85% der Befragten Veränderungen in den Abteilungen durchgeführt wurden. Die technische Ausstattung hat sich verbessert. Aufwachräume wurden eingerichtet und personell besetzt. Das Personal wurde z.T. aufgestockt oder umstrukturiert. Endoskopiepersonal in Klinik und Praxis geht systematischer bei der Sedierung und der postendoskopischen Überwachung vor. Vielerorts wurde auf eine Propofol-Monotherapie umgestellt. Viele Kollegen berichten, dass sie die S3-Leitlinie, das Curriculum und das erlangte Wissen als Argumentationshilfen genutzt haben, um Veränderungen in ihren Häusern und Praxen durchzusetzen. Dabei wurde betont, wie wichtig es war, dass Mediziner, Pflege- und Assistenzpersonal gemeinsam Strategien zur Vorgehensweise entwickelt haben, bei Diskussionen und Antragstellungen gegenüber dem Träger gemeinsam auftraten und zusammen konkrete Maßnahmen zur Umsetzung durchgeführt haben. Nur so waren sie vor dem Träger und auch später bei der Umsetzung in der Endoskopieabteilung erfolgreich.

Momentan wird eine bundesweite Umfrage ausgewertet, die 1800 Absolventen der Kurse bis Juni 2010 erfasst. Die endgültige Auswertung der Daten wird auf dem DEGEA-Kongress im September 2011 in Leipzig präsentiert.

Einzelne Klinikärzte und niedergelassene Gastroenterologen kritisieren leider immer noch die in der S3-Leitlinie formulierten Anforderungen, obwohl diese schon lange vor Etablierung der Leitlinie bestanden, allerdings durch diese eine vermehrte Aufmerksamkeit erlangten. Die 3-Tages-Kurse werden von Kritikern oftmals mit der Begründung des hohen Kosten- und Zeitaufwands kritisiert. Forderungen der Leitlinie werden als nicht umsetzbar dargestellt, obwohl es bundesweit unzählige gute Beispiele der Umsetzung gibt.

Es soll an dieser Stelle noch einmal betont werden: Wer die Leitlinie nicht umsetzt, kann im Fall von Komplikationen durchaus in Erklärungsnot geraten, denn Gutachter legen die Empfehlungen der Leitlinien und die strukturierte Ausbildung des Personals als notwendige Struktur- und Prozessqualität zugrunde. Es wird juristisch gefordert, dass bei der Delegation der Propofol-Sedierung an Assistenzpersonal, dieses entsprechend geschult sein muss [4].

Der ökonomische Druck auf Kliniken und Praxen ist nachvollziehbar. Allerdings wurde der Sedierung in der Endoskopie in der Vergangenheit nicht der adäquate Stellenwert eingeräumt. In der Chirurgie ist neben dem umfangreichen OP-Team immer ein Anästhesieteam anwesend. Der Vergleich ist zulässig, wenn man bedenkt, dass zunehmend invasive Eingriffe in der Endoskopie durchgeführt werden und dass vielerorts multimorbide Patienten behandelt werden. Es ist zu betonen, dass die Deutsche Gesellschaft für Anästhesie und Intensivmedizin (DGAI) wie auch die European Society of Anaesthesiology (ESA) die deutsche und europäische Richtlinien und deren Umsetzung unterstützen [1], [5]. Eine Voraussetzung für die Akzeptanz durch die anästhesiologischen Kollegen ist jedoch eine entsprechende Qualifikation zur Erlangung der persönlichen Voraussetzungen mittels Trainingskursen.

Die Umsetzung der S3-Leitlinie ist ein Prozess, der gemeinsame Strategien und Ziele verlangt und dadurch kontinuierliche Optimierungen ermöglicht. Dabei kommt es auf jede einzelne Verbesserung an, denn jede Veränderung steigert die Patientensicherheit und den Service in der Endoskopie.

Fazit

Die S3-Leitlinie und die Sedierungskurse sind berufspolitisch und im Sinne der Patientensicherheit eine große Chance für die Endoskopie. Sie haben viele positive Veränderungen ermöglicht, die es gilt weiterzuführen.

Ulrike Beilenhoff, Ulm

 
  • Literatur

  • 1 Riphaus A et al. S3-Leitlinie "Sedierung in der gastrointestinalen Endoskopie". Z Gas-troenterol 2008; 46: 1298-1330
  • 2 Beilenhoff U et al. Curriculum Sedierung und Notfallmanagement in der Endoskopie. Endopraxis 2009; 1: 32-35
  • 3 Beilenhoff U et al. DEGEA-Curriculum für den Refresherkurs. Endo-Praxis 2010; 3: 185-186
  • 4 Riphaus A et al. Sedierung mit Propofol: Delegierung der Propofol-Sedierung an nicht-ärztliches Fachpersonal: Angleichung des klinischen Alltags mit der juristischen Grundlage? Kommentar zum DGVS-Rechtsgutachten von Ehlers und Bitter. Endoskopie heute 2006; 19: 144-145
  • 5 Dumonceau JM, Riphaus A et al. ESGE-ESGENA-ESA guideline: Non-anesthesiologist administration of propofol for GI endoscopy. Endoscopy 2010; 42: 960-974