Gesundheitswesen 2011; 73 - A278
DOI: 10.1055/s-0031-1283424

Saisonale Grippeimpfung – Welche Faktoren beeinflussen die Impfquoten in den empfohlenen Zielgruppen?

M Böhmer 1, D Walter 1, S Müters 1, G Krause 1, O Wichmann 1
  • 1Robert Koch-Institut, Berlin

Hintergrund: Um die Anzahl schwerer und tödlicher Krankheitsverläufe von Grippeerkrankungen in Deutschland zu senken, empfiehlt die Ständige Impfkommission (STIKO) die jährliche Impfung folgender Risikogruppen: (1) Personen ≥60 Jahre; (2) Personen mit chronischen Grundkrankheiten; (3) Personen in Alters- und Pflegeheimen; (4) Schwangeren. Des Weiteren wird (5) Personen mit erhöhtem, beruflichem Risiko (z.B. medizinisches Personal) die Impfung empfohlen. Um den Erfolg jährlicher Grippeimpfkampagnen zu messen und zielgruppenorientierte Kommunikationsstrategien zu entwickeln, werden Daten zu Impfquoten in den Zielgruppen benötig. Ziel dieses Projektes war es, saisonale Grippeimpfquoten zu bestimmen und mögliche Impfbarrieren zu identifizieren. Ein Analyseschwerpunkt lag auf den Zielgruppen (1), (2) und (5). Daten und Methoden: Als Basis für die Analysen dienten Daten, die im vom Robert Koch-Institut durchgeführten telefonischen Gesundheitssurvey GEDA 2009 erhoben wurden. Impfquoten für zwei aufeinander folgende Influenzasaisonen (2007/08, 2008/09) wurden für die Zielgruppen (1), (2) und (5) berechnet. Der Einfluss von Faktoren wie z.B. Geschlecht, Wohnort, sozioökonomischer Status auf die Impfquoten wurden mithilfe von univariaten und multivariaten Verfahren analysiert. Ergebnisse: Daten aus 21.262 für die erwachsene Bevölkerung in Deutschland repräsentativen Haushaltsbefragungen wurden ausgewertet. Die Impfquote bei ≥60-Jährigen betrug in beiden Saisonen ˜56%, bei chronisch Kranken ˜42%. In beiden Zielgruppen waren ein mittleres Haushaltseinkommen, ein höheres Lebensalter und ein Wohnort in den Neuen Bundesländern statistisch unabhängig mit höheren Impfquoten assoziiert. Medizinisches Personal war signifikant weniger häufig geimpft als die Allgemeinbevölkerung (Impfquote ˜21% vs. ˜29%). Schlussfolgerungen: Die Grippeimpfquoten in den empfohlenen Zielgruppen sind, insbesondere bei chronisch Kranken und medizinischem Personal, in Deutschland nach wie vor niedrig. Besondere Anstrengungen müssen unternommen werden, um die Impfbereitschaft von medizinischem Personal zu steigern, da dieses bei Infektion als potentieller Überträger des Virus auf ungeschützte Risikopatienten und nicht zuletzt als Multiplikator der Influenzaimpfung bei den Indikationsgruppen fungiert. Weitere Studien sind notwendig, um die Gründe unzureichender Impfquoten detailliert zu erfassen und effiziente Strategien zur Impfquotensteigerung zu entwickeln.