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DOI: 10.1055/s-0031-1283094
Neuerscheinungen zum Thema "Krisenintervention"
Publikationsverlauf
Publikationsdatum:
01. Juli 2011 (online)
Krisen bzw. kritische Lebenssituationen, in der Regel durch akute Belastungen ausgelöst, werden als bedrohlich und subjektiv überfordernd erlebt. Die Herausgeber eines neuen Buches zu Krisenintervention und Notfallpsychiatrie Bronisch und Sulz schlagen einen weiten thematischen Bogen von der Bewältigung von Traumata über Persönlichkeitsstörungen bis zu schizophrenen Exazerbationen bei unterschiedlichen Altersgruppen.
Die verhaltenstherapeutische Behandlung vonPatienten mit Schizophrenie wird von den Behandlungsleitlinien der DGPPN ausdrücklich empfohlen. Diese Empfehlungen werden in der Praxis leider kaum umgesetzt. Die neue Individualisierte Metakognitive Therapie (MKT+) ist schnell zu erlernen, wissenschaftlich evaluiert und leicht an die verschiedenen Settings anzupassen.
Einzelne Beiträge fassen Bewährtes zu Suizidalität zusammen (Bronisch). Andere geben ungewohnte Einblicke, wie die Balance von Nähe und Distanz in der Konfrontation mit plötzlichem Tod respektvoll zu wahren ist (Müller-Cyran). Oder es wird begründet, wie schulenübergreifend aber gleichzeitig spezifisch zu intervenieren ist, wenn Menschen mit Borderline-Störung wieder einmal in eine Krise geraten (Giernalczyk u. Petersen). Wiederholt wird zu Recht an die unzureichende Vernetzung von Krisenbegleitung und weiterführender psychotherapeutischer Intervention erinnert.
Vielleicht gerade wegen der Vielfalt der Praxisfelder vermisst man ein einheitliches Layout und gelegentlich eine Bündelung des Wesentlichen. Es dürfte auch erwähnt werden, dass mittlerweile die aufsuchende Krisenintervention bei schweren seelischen Störungen gut belegt ist (z.B. Malone et al., 2007)!
Unsystematischer und deutlich theorielastig, zugleich aber sehr anregend fokussiert die in die Tradition der Aktionsforschung gestellte Untersuchung von Olaf Neumann auf die Beziehungsgestaltung in der Krisenintervention aus der Perspektive des Empowerment. Alternativ zu traditionell auf Expertendominanz basierenden Konzepten erwiesen sich in der Praxis eines Berliner Krisendienstes die Phantasie der Klienten und das versuchsweise Umsetzen von Entwicklungsimpulsen als förderlich, einen "gehemmten Handlungsfluss" wiederherzustellen. Profis könnten dies unterstützen, indem sie selbstkritisch ihre Haltungen und ihre Teamfähigkeit infrage stellen.
Beide Bücher ergänzen sich, die für Krisenintervention zentrale Herausforderung, in der helfenden Beziehung wohldosiert Verantwortung zu übernehmen und rechtzeitig zurückzugeben, praxisnah auszuleuchten.
Hasso Klimitz, Berlin
E-Mail: HKlimitz@klinikumevb.de
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Literatur
- Malone D, Marriott S, Newton-Howes G et al. Community mental health teams (CMHTs) for people with severe mental illnesses and disordered personality. Cochrane Database Syst Rev 2007; (3) DOI: Cd000270.