Geburtshilfe Frauenheilkd 2011; 71 - P2_6
DOI: 10.1055/s-0031-1280501

Lebensqualität und Kosten der Endometriose

K Kleine-Budde 1, I Brandes 1, G Halis 2
  • 1Medizinische Hochschule Hannover, Institut für Epidemiologie, Sozialmedizin und Gesundheitssystemforschung, Hannover, Deutschland
  • 2Praxis für Fertilität, Kinderwunsch- und EndometrioseZentrum Berlin, Berlin, Deutschland

Fragestellung:

Ein Ziel der EndoCost-Studie war die Erfassung der Lebensqualität von Endometriose-Patientinnen unter Alltagsbedingungen. Es wurde angenommen, dass die betroffenen Frauen aufgrund des chronischen Krankheitsverlaufs und der oftmals langen Diagnoseverzögerung (durchschnittlich 6–8 Jahre) in ihrer Lebensqualität eingeschränkt sind und sich dies in erhöhten Leistungsinanspruchnahmen widerspiegelt.

Methoden:

Einschlusskriterium war eine gesicherte Endometriose sowie eine Leistungsinanspruchnahme im Jahr 2008 in einem beteiligten Studienzentrum (Humboldt-Klinikum Berlin, KEZ Berlin, Med. Hochschule Hannover). 788 potenziellen Studienteilnehmerinnen wurde im September 2009 ein retrospektiver Fragebogen zugesandt, der für die zurückliegenden 8 Wochen auszufüllen war. Dieser enthielt Items zu: Demografie, Krankheitsverlauf, Lebensqualität (SF-36), Leistungsinanspruchnahmen.

Ergebnisse:

Es lagen 157 auswertbare Fragebögen vor. Die Frauen waren ca. 39 Jahre alt und 52% von ihnen erlangten die allgemeine Hochschulreife. Die Diagnose war seit durchschnittlich 5,3 Jahren mit einer zeitlichen Verzögerung von knapp 7 Jahren bekannt. Im Vergleich mit deutschen Normstichproben zeigten die vorliegenden Ergebnisse des SF-36 unterdurchschnittliche Werte, vor allem auf der psychischen Ebene (KSK 48, PSK 36 von jeweils 100 Punkten). Frauen mit langer Diagnoseverzögerung (durchschnittlich 18 Jahre) verzeichneten gleichzeitig die höchsten Lebensqualitätsbeeinträchtigungen und die höchsten Kosten (n=35, KSK 45, PSK 32, 7515 € pro Person pro Jahr). Dagegen verursachten Frauen mit langer Krankheitsdauer (durchschnittlich 15 Jahre) die geringsten Kosten bei mittleren Lebensqualitätswerten (n=22, KSK 48, PSK 37, 2252 € pro Person pro Jahr).

Schlussfolgerungen:

Die unterdurchschnittlichen Lebensqualitätsangaben der Studienteilnehmerinnen zeigten, dass die Frauen in unterschiedlichen Bereichen ihrer Gesundheit Einschränkungen erfahren, was aufgrund der Komplexität der Erkrankung nicht verwundert. Vor allem in der Gruppe der Frauen mit langer Diagnoseverzögerung zeigten sich gesundheitliche Beeinträchtigungen, welche einerseits mit höheren Leistungsinanspruchnahmen und andererseits mit häufigen Fehlzeiten am Arbeitsplatz verbunden waren. Der Großteil der Kosten (75%) entfiel hier auf die indirekten Kosten, was eine extreme berufliche Beeinträchtigung dieser Subgruppe verdeutlicht. Die Ergebnisse zeigen, dass nicht nur aus versorgungswissenschaftlicher sondern auch aus ökonomischer Sicht und im Interesse der Patientinnen eine Verkürzung der Diagnoseverzögerung angestrebt werden sollte. In der gynäkologischen Praxis kann eine überdurchschnittliche lange Diagnoseverzögerung zudem ein wichtiger Hinweis auf eine starke psychische Belastung sein.