Geburtshilfe Frauenheilkd 2011; 71 - P1_4
DOI: 10.1055/s-0031-1280484

Die Rolle von Neurotrophinen und Kalzium-bindenden Proteinen in der Endometriose-assoziierten Innervation

S Münch 1, ML Barcena de Arellano 1, J Arnold 1, GF Vercellino 1, V Chiantera 1, S Mechsner 1
  • 1Carite- Campus Benjamin Franklin, Endometriose Forschungslabor, Klinik für Gynäkologie mit Hochschulambulanz, Berlin, Deutschland

Einleitung: Aktuelle Publikationen konnten Nervenfasern (NF) in enger Lokalisation zu Endometrioseläsionen (EM-Läsionen) nachweisen. Passend dazu weisen EM-Läsionen und die Douglasflüssigkeit (DF) von Patientinnen mit Endometriose (EM) neurotrophe Eigenschaften auf, so dass sehr wahrscheinlich neuromodulierende Interaktionen zwischen EM-Läsionen und NF bestehen. Ein wichtiger Faktor dabei scheint der Nervenwachstumsfaktor NGF zu sein, der in der DF von Patientinnen mit EM überexprimiert ist. Mehrere Studien assoziieren das Vorkommen von Calcium bindenden Proteinen (CBP), wie S100, mit EM. Auch andere CBP, wie Calbindin, sind in endometrialen Implantaten nachgewiesen. Die Expression dieser CBP wird durch die Expression von Neurotrophinen, wie BDNF und NT-3, im zentralen Nervensystem stark reguliert. Mehrere Typen von Neuronen, unter anderem sensible NF, exprimieren CBP. Eine Überexpression der CBP in zentralen Neuronen führt zu neurodegenerativen Erkrankungen. Vorrangiges Ziel dieser Arbeit ist das Phänomen der EM-assoziierten Neuromodulation zu verstehen. Dazu sollten zum einen weitere Neurotrophine und CBP identifiziert werden. Mit dem Nachweis dieser Substanzen in der DF von Patientinnen mit EM, sollen weitere Rückschlüsse auf die Neurogenese bzw. deren Einfluss auf die Schmerzmechanismen der EM gezogen werden.

Material und Methoden: Als Proben wurden DF von Patientinnen mit (n=20) und ohne EM (n=10) verwendet. Es erfolgte eine Bestimmung der Expression der Neurotrophine BDNF und NT-3, sowie der CBP Calbindin, Calretinin und S100 über Western Blot-Analyse. Eine Quantifizierung der Proteinexpression entsprechend der spezifischen Bandendicken wurde mit Image J durchgeführt. Weiterhin wurden die DF im neuronalen Wachstumsassay (NGA) eingesetzt. Für den NGA wurden aus Hühnerembryonen gewonnene sensible Ganglien in den DF der Patientinnen inkubiert und hinsichtlich der Nervenaussprossung beurteilt.

Ergebnisse: Mittels Western Blot konnte eine Überexpression der Neurotrophine BDNF und NT-3 und der CBP Calbindin, Calretinin und S100 in den DF von Patientinnen mit EM nachgewiesen werden. In den DF der Patientinnen ohne EM zeigte sich eine signifikant geringere Expression. Sensiblen Ganglien, die in DF von EM-Patientinnen inkubiert wurden, zeigten eine signifikant stärkere Nervenaussprossung, als jene, die in DF von Patientinnen ohne EM inkubiert wurden. Die Immunfluoreszenzfärbungen zeigten, dass die Nervenfasern dieser Ganglien Calbindin, Calretinin und S100 aufweisen.

Diskussion: Neben NGF werden auch die Neurotrophine BDNF und NT-3 in der DF von Patientinnen mit EM überexprimiert. Die CBP Calbindin, Calretinin und S100 wurden ebenfalls überexprimiert. Somit konnten weitere Faktoren identifiziert werden, die an den EM-assoziierten neuromodulierenden Eigenschaften beteiligt sein könnten. Wie es zur Freisetzung der Neurotrophine und CBP in die DF kommt, muss in weiteren Studien geklärt werden. Möglicherweise kommt es im Rahmen der entzündlichen peritonealen Prozesse zur Hochregulation und Freisetzung dieser Substanzen. Die in der DF vorhandenen Neurotrophine begünstigen wiederum die Aktivierung von peritonealen Nozizeptoren, die weitere Entzündungsmediatoren ausschütten und so die chronische Entzündung aufrecht erhalten.

In weiteren Experimenten soll analysiert werden, in wie weit die Expression neurotropher Substanzen und CBP die Nervenaussprossung und Schmerzintensität beeinflusst.