Geburtshilfe Frauenheilkd 2011; 71 - P1_3
DOI: 10.1055/s-0031-1280483

Spielen Neurotrophine in der Pathogenese von Endometrioseschmerzen eine Rolle?

ML Barcena de Arellano 1, J Arnold 1, F Vercellino 1, V Chiantera 1, C Rüster 1, A Ebert 2, A Schneider 1, S Mechsner 1
  • 1Endometriose Forschungslabor, Klinik für Gynäkologie mit Hochschulambulanz, Berlin, Deutschland
  • 2Vivantes Humboldt-Klinikum, Klinik für Gynäkologie, Berlin, Deutschland

Einleitung: Endometrioseläsionen setzen Schmerzmediatoren, wie Prostaglandine, Histamine, Kinine und Interleukine frei, die an der Aktivierung von peritonealen Nozizeptoren beteiligt sein sollen. Der Nachweis von myelinisierten und unmyelinisierten Nervenfasern im direkten Kontakt zu peritonealen Läsionen, sowie die Expression von Nervenwachstumsfaktoren, wie NGF oder Neurotrophin-3 (NT-3) lassen ein Einsprossen der Nervenfasern in die Endometrioseläsion hinein vermuten. Der Prozess der neurogenen Modulation durch Endometrioseläsionen scheint ein wichtiger Faktor in der Schmerzentstehung zu sein. Die Pathogenesemechanismen dieser Interaktion sind derzeitig unklar, daher sollten zunächst neurotrophe Faktoren der Endometriose (EM) weiter charakterisiert werden. In dieser Studie wurde der Einfluss von NGF auf die Neuromodulation mittels eines in vitro Assays weiter charakterisiert.

Materialen und Methoden: Nachweis von NGF mittels Immunfluoresenz in primären Zellkulturen von Endometrioma (n=5) und peritonealen Läsionen (n=5). Doppelfärbungen zum Nachweis von Epithel- (Anti-Cytokeratin) und Stromazellen (Anti-Vimentin) wurden durchgeführt. Analyse der NGF Expression in der Douglasflüssigkeit (DF) sowie im konditionierten Medium (KM) von Frauen mit EM (n=12) und ohne EM (n=12) mittels Western Blot.

Neuronaler Wachstumsassay: Analyse der neurotrophen Eigenschaften der DF und des KM der primären Endometriosezellkulturen von Frauen mit EM. Sensible Ganglien aus 8–9 Tage alten Hühnerembryonen wurden in DF oder im KM von EM Patientinnen und nicht-EM-Patientinnen inkubiert. Die Neuritenaussprossung wurde bestimmt und die Ganglien wurden mit Neurofilament und GAP 43 gefärbt.

Ergebnisse: In allen Endometriose Zellkulturen wurde NGF sowohl in Stroma- als auch in Epithelzellen mittels Immunfluoreszenz Doppelfärbung nachgewiesen. Die DF und das KM von Frauen mit EM zeigte im Vergleich zu der Kontrollgruppe eine signifikant stärkere NGF Expression. Die Höhe der NGF Expression war unbeeinflusst von der Schmerzintensität oder der Symptomatik der EM Gruppe. Sensible Ganglien, die mit DF oder mit KM von Frauen mit EM inkubiert wurden, zeigten eine signifikant höhere Neuritenaussprossung als die nicht EM Gruppe. Diese Aussprossung korreliert ebenfalls nicht mit der Schmerzintensität. Die Neuritenaussprossung der Ganglien wurde mit Anti-NGF und K252a inhibiert.

Diskussion: Unsere Daten zeigen die Expression von NGF in peritonealen und ovariellen Endometrioseläsionen, in der DF sowie in KM von EM-Patientinnen. Der in vitro neuronale Assay zeigte, dass die DF und das KM von EM Patientinnen eine NGF-abhängige Aussprossung der sensiblen Neuriten induziert. Diese Daten belegen neurotrophe Eigenschaften der Endometriose und lassen vermuten, dass NGF eine wichtige Rolle spielt.