Geburtshilfe Frauenheilkd 2011; 71 - V1_1
DOI: 10.1055/s-0031-1280477

Dysbalance zwischen sympathischer und sensibler Innervation in peritonealen Endometrioseläsionen

J Arnold 1, ML Barcena de Arellano 1, C Rüster 1, S Mechsner 1
  • 1Charite Universitätsmedizin Berlin, Klinik für Gynäkologie, Endometrioselabor, Berlin, Deutschland

Fragestellung: Das Nervensystem (NS) nimmt Einfluss auf die Pathogenese von chronisch entzündlichen Autoimmunerkrankungen (AIE). Dabei übt das sympathische NS einen entzündungshemmenden Effekt aus, während das sensible NS über eine Stimulation von Immunzellen die entzündlichen Veränderungen fördert [1–3]. Dies spiegelt sich auch in einer verminderten Dichte von sympathischen Nervenfasern (syNF) in entzündlichem Gewebe, aber einer erhöhten Dichte von sensiblen Nervenfasern (seNF) wider [3]. Ähnlich wie bei AIE handelt es sich bei der Endometriose (EM) ebenfalls um eine chronisch entzündliche Erkrankung, die mit chronischen Schmerzen einhergeht. Bei Patienten mit Darmendometriose konnte ebenfalls eine Dysbalance zwischen seNF und syNF dargestellt werden [4]. Auch in humanen peritonealen Endometrioseläsionen (pEL) sind seNF und syNF nachweisbar [5, 6]. Um die Rolle der syNF und seNF in der Schmerzpathogenese der EM näher zu untersuchen, wurden in dieser Arbeit die sensible und sympathische Innervation der pEM näher charakterisiert sowie die neurotrophen Eigenschaften der EM, in einem in vitro Model, weiter untersucht.

Methoden: pEL wurden immunhistochemisch auf das Vorkommen von seNF (Substanz P) und syNF (Tyrosinhydroxylase, TH) hin untersucht, sowie das Verhältnis der Nervenfasern zueinander ermittelt. In einem in vitro Modell wurden die neurotrophen Eigenschaften der EM untersucht. Dazu wurden sowohl sensible als auch sympathische Ganglien mit Douglasflüssigkeiten (DF) von Patientinnen mit und ohne EM, inkubiert und die NF-Aussprossung ermittelt. Die NF-Aussprossung der Ganglien wurde mittels Immunfloureszenzfärbung (anti-GAP 43, SP, TH) näher charakterisiert.

Ergebnisse: In pEL konnte im Vergleich zu gesundem Peritoneum eine signifikant erhöhte Dichte von seNF sowie eine signifikant erniedrigte Dichte von syNF nachgewiesen werden. Die DF von EM Patientinnen induzierte im Vergleich zur DF von nicht-EM Patientinnen eine signifikant erhöhte Aussprossung von seNF aus den Hinterwurzelganglien. Die NF-Aussprossung der sympathischen Ganglien war signifikant vermindert bei EM Patientinnen im Vergleich zu nicht-EM Patienten.

Schlussfolgerung: Wie bereits bei anderen chronisch entzündlichen AI dargestellt, konnte auch in der EM eine Dysbalance der sensiblen und sympathischen Innervation nachgewiesen werden. Im in vitro Modell konnten neuromodulierende Eigenschaften der EM weiter charakterisiert werden. Dabei scheint die EM hinsichtlich seNF neurotroph zu sein, während sie auf syNF eher hemmenden Einfluss hat. Die Dysbalance von sensibler und symphatischer Innervation scheint eine Erklärung für den proentzündlich, schmerzhaften Verlauf der Erkrankung zu geben.

Literatur:

[1] D. Lorton, C. Lubahn, N. Klein, J. Schaller and D. L. Bellinger, Brain Behav Immun, 13, 315–34 (1999).

[2] J. D. Levine, T. J. Coderre, C. Helms and A. I. Basbaum, Proc Natl Acad Sci U S A, 85, 4553–6 (1988).

[3] P. Harle, D. Mobius, D. J. Carr, J. Scholmerich and R. H. Straub, Arthritis Rheum, 52, 1305–13 (2005).

[4] S. Ferrero, S. Haas, V. Remorgida, G. Camerini, E. Fulcheri, N. Ragni, R. H. Straub and S. Capellino, Fertil Steril, 94, 2817–9.

[5] N. Tokushige, R. Markham, P. Russell and I. S. Fraser, Hum Reprod, 21, 3001–7 (2006).

[6] S. Mechsner, J. Schwarz, J. Thode, C. Loddenkemper, D. S. Salomon and A. D. Ebert, Fertil Steril, 88, 581–7 (2007).