Diabetologie und Stoffwechsel 2011; 6 - P240
DOI: 10.1055/s-0031-1277511

Insulinsensitivität, Betazellfunktion und Adipokine während und nach Ramadan-Fasten bei gesunden Männern

MC Vardarli 1, 2, MA Nauck 1, HP Hammes 2, I Vardarli 1
  • 1Diabeteszentrum Bad Lauterberg, Bad Lauterberg, Germany
  • 2Universitätsmedizin Mannheim, Universität Heidelberg, V. Medizinische Klinik, Mannheim, Germany

Fragestellung: Zum Einfluss des Ramadan-Fastens auf die Insulinsensitivität und ß-Zellfunktion gibt es wenige, noch dazu widersprüchliche Untersuchungen. Deshalb sollte zur Abschätzung eines potentiell günstigen metabolischen Effektes des Ramadan-Fastens die Insulinsensitivität und ß-Zellfunktion bei nicht-diabetischen Probanden bestimmt werden.

Methodik: 24 gesunde männliche Migranten türkischer Herkunft mit normaler oraler Glukosetoleranz nahmen teil. Fünf Teilnehmer konnten wegen inkonsequentem Fasten oder unvollständiger Datenerfassung nicht ausgewertet werden. Es wurden Probanden rekrutiert, die unabhängig von dieser Studie während des gesamten Ramadan-Fastenmonats im Jahr 2009 ohnehin gefastet hätten. Die Screeninguntersuchung erfolgte morgens (nüchtern), ca. 12 Stunden nach der letzten Mahlzeit. Die nachfolgenden Blutentnahmen erfolgten zu Beginn (Tag -1), am 16. und 30. Tag der Ramadan-Fastenzeit sowie 7 und 28 Tage nach Ende des Ramadan, stets am Abend vor dem Sonnenuntergang, ca. 15 Stunden nach der letzten Mahlzeit. Die Insulinsensitivität (HOMA 2-Analyse; Hauptzielparameter), ß-Zellfunktion, Insulin, C-Peptid, Blutglukose im Plasma, Glukagon, Adiponektin, Leptin, Resistin, sowie Lipid-, Nieren-, Schilddrüsen- und anthropometrische Parameter wurden zu den genannten Zeitpunkten bestimmt. Die statistische Auswertung erfolgte mittels ANOVA für Messwiederholungen. In der post-hoc-Analyse beziehen sich die Vergleiche zwischen den Visitentagen jeweils zum Tag -1 der Fastenzeit.

Ergebnisse: Das Ramadanfasten führte zu einem Abfall der Insulinsensitivität (um 20%; p=0,04) und des HDL-Cholesterin (um 21%; p=0,0003) am 30. Tag. Die ß-Zellfunktion (um 10%, p=0,049) und das Thyrotropin (um 20%; p=0,03) stiegen am 16. Tag signifikant an. Die freien Fettsäuren (FFA) (um 57%; p<0,0001), Glukagon (um 18%; p=0,01), Resistin (um 15%; p=0,01) und freies Thyroxin (um 7%; p=0,007) fielen am 16. Tag ab. Adiponektin stieg 7 Tage nach dem Ramadan um 16% (p=0,003) an. LDL-Cholesterin stieg am 30. Tag um 14% (p=0,007) an. Glukagon-, FFA- und Resistin-Konzentrationen zeigten jeweils einen ähnlichen Verlauf (bis zum 28. Tag nach dem Ramadan signifikant niedriger). Glukose-, C-Peptid-, Insulin-, Leptin-, Triglycerid-, VLDL-Chlosterin- und freies Trijodthyronin-Konzentrationen haben sich nicht signifikant geändert.

Schlussfolgerungen: Entgegen unserer Hypothese führte das Ramadanfasten zu einer transitorischen Abnahme der Insulinsensitivität, begleitet von einem, wahrscheinlich kompensatorischen, Anstieg der ß-Zellfunktion, ohne dass sich die Glukosekonzentrationen signifikant veränderten. Zur Klärung der Mechanismen, die trotz Abfall der freien Fettsäuren und des Glukagons zu einem Abfall der Insulinsensitivität führen, sind weitere Studien nötig. Bis zur 4. Wochen nach Ende des Ramadan anhaltende Veränderungen des Adiponektin (Anstieg) und Resistin (Abfall) weisen auf einen potentiell günstigen Stoffwechseleffekt des Ramadan-Fastens hin.