Diabetologie und Stoffwechsel 2011; 6 - P174
DOI: 10.1055/s-0031-1277445

Psychologische Intervention in einer Diabetes-Spezialklinik: Unterschiede zwischen Patienten mit Typ 1- und Typ 2-Diabetes

M Janert 1, B Weiss 1, L Lemmer 1, MA Nauck 1
  • 1Diabeteszentrum Bad Lauterberg, Bad Lauterberg im Harz, Germany

Einleitung/Fragestellung: Psychische Begleitprobleme sind bei Patienten mit sowohl Typ 1- als auch Typ 2-Diabetes häufig. Gerade bei der stationären Diabetesbehandlung ist oft auch eine psychologische Intervention notwendiger Bestandteil der Therapie. In der vorliegenden Analyse sollte geklärt werden, ob Unterschiede im psychosomatischen Diagnosenspektrum zwischen Patienten mit Typ 1- und Typ 2-Diabetes beobachtet werden, und welche Problemfelder dem ggf. zugrunde liegen.

Patienten/Methodik: Über 14 Monate wurde bei 161 von 848 behandelten Patienten mit Typ 1-Diabetes (19,0%) und bei 252 von 1725 Patienten mit Typ 2-Diabetes (14,6%, p=0,0053) eine psychologische Mitbehandlung durchgeführt. Patienten mit Typ 1- und Typ 2-Diabetes unterschieden sich hinsichtlich Alter (42±15 vs. 58±12J., p<0,0001), BMI (26,1±7,6 vs. 34,8±8,3kg/m2, p<0,0001), aber nicht hinsichtlich Geschlecht (m/w: 75/86 vs. 118/134, p=1,0) und HbA1c (9,5±2,1 vs. 9,1±1,8%, p=0,10). Statistische Analyse: chi2-Test, ANOVA, angegeben werden Proportionen (%) bzw. Mittelwert und Standardabweichung.

Ergebnisse: Bei beiden Gruppen war die häufigste Diagnose eine neurotische und Belastungsstörung (ICD F 4), gefolgt von affektiven Störungen (ICD F3; häufiger bei Typ 2-Diabetes; p=0,24), Verhaltensauffälligkeiten mit körperlichen Störungen (ICD F5; häufiger bei Typ 1-Diabetes, p=0,022) und Störungen durch psychotrope Substanzen (ICD F1; häufiger bei Typ 1-Diabetes, p=0,016). In der Alternsverteilung unterschieden sich die Patienten mit Typ 1- und Typ 2-Diabetes signifikant (p<0,0001), aber die Verteilung der genannten Diagnosen auf die jeweiligen Altersgruppen (Anteil betroffener Patienten) ergab keine grundlegenden Unterschiede. Häufig genannte Problemfelder waren eine familiäre Problematik 25,4%), die Krankheitsverarbeitung (24,0%), berufliche Probleme (14,3%), und Trauerbewältigung (8,7%). Bei 25. 9% (Typ 1-Diabetes: 30,4%, Typ 2-Diabetes: 23,0%; p=0,11) wurde eine weiterführende ambulante und bei 1,2% eine stationäre Psychotherapie empfohlen.

Schlussfolgerungen: Psychische Begleiterkrankungen sind bei Patienten einer Diabetes-Spezialklinik häufig und bedürfen während der stationären Behandlung und auch darüber hinaus oft einer psychologischen, psychosomatischen oder psychotherapeutischen Intervention. Die psychischen Diagnosen sind bei Patienten mit Typ 1- und Typ 2-Diabetes ähnlich verteilt, insbesondere, wenn man den Altersunterschied berücksichtigt. Ähnliches gilt für die Problemfelder, aus denen die zugrunde liegenden Konflikte stammen.