Diabetologie und Stoffwechsel 2011; 6 - P173
DOI: 10.1055/s-0031-1277444

Familienfunktionen und Adhärenz in der pädiatrischen Diabetologie

B Brosig 1, 2, C Böttcher 1, S Kühn 1, S Wudy 1
  • 1Zentrum für Kinderheilkunde der JLU Gießen, Allgemeinpädiatrie und Neonatologie, Gießen, Germany
  • 2Institut für Psychoanalyse und Psychotherapie e.V., Familientherapie, Gießen, Germany

Fragestellung: Seelische Co-Faktoren, auch im Sinne von Familienfunktionen, gelten in der Forschung zur Adhärenz bei Diabetes mellitus als wichtige Prädiktoren für die Qualität der BZ-Einstellung, für das Langzeit-Überleben und weitere Morbiditätsfaktoren. Familiäre Einflussfaktoren im engeren Sinne wurden bisher weniger beachtet und deren Effekte in der Literatur widersprüchlich berichtet. Die vorliegende Studie untersucht den Einfluss familiärer Dysfunktion auf die Qualität der Stoffwechseleinstellung.

Methodik: An 106 unausgewählt-konsekutiven Patienten der Diabetes-Spezialambulanz der Uni-Kinderklinik Gießen im Alter von 3–17J wurden in Form von psychometrischen Tests neben individuellen Faktoren (Depressivität [HADS-D, DIKJ], Beschwerdebelastung [GBB-KJ], Alexithymie [TAS) auch Angaben zur Familienfunktion [FB] gleichsinnig bei Eltern (Kinder zwischen 3–11J.) und Jugendlichen (im Alter ≥12J.) erhoben. Die Testscores wurden dichotomisiert in Bezug auf gute vs. schwierige Diabetes-Adhärenz (HbA1c Grenzwert 7,5) ausgewertet.

Ergebnisse: In den multiplen T-Tests zum Vergleich der beiden Gruppen zeigen sich bei nicht ausreichnder Adhärenz erhöhte Werte familiärer Dysfunktion in den Bereichen Aufgabenerfüllung, Rollenverhalten, Kommunikation, Emotionalität, Kontrolle, Normen und Werte sowie im Gesamtwert familiärer Störungsmuster. Für die Bereiche Depressivität (z-transformierte Zusammenfassung der Skalenwerte im HADS-D und DIKJ), Somatisierung (GBB) und Alexithymie (TAS) zeigen sich keine signifikanten Unterschiede.

Schlussfolgerungen: Neben individuellen Faktoren des Diabetes-Patienten sollten vermehrt, besonders bei Kindern und Jugendlichen, Faktoren der familiären (Dys-)Funktion und des Familienklimas in der Beurteilung der Adhärenz berücksichtigt werden.