Diabetologie und Stoffwechsel 2011; 6 - P161
DOI: 10.1055/s-0031-1277432

Therapiewahl und Entscheidungskriterien im Rahmen einer Therapieeskalation bei mit Basalinsulin behandelten Typ-2-Diabetikern: Ergebnisse einer Erhebung im ambulanten Versorgungssektor in Deutschland

HM Reuter 1, S Kluge 2, AEG Patzelt-Bath 2, CJ Fehske 2, S Silbermann 2, H Fröhlich 2, E Jahn 3, R Limberg 2
  • 1Ambulantes Medizinisches Zentrum Jena GmbH, Jena, Germany
  • 2Berlin-Chemie AG, Medizin & Forschung, Berlin, Germany
  • 3Momentum Research, Allschwil, Switzerland

Fragestellung: Eine leitliniengerechte antihyperglykämische Therapie beinhaltet für mit Basalinsulin behandelte Patienten sowohl die Option einer Kombination mit einem OAD als auch die Eskalation der Insulintherapie. Orientiert an individuellen Bedürfnissen und Zielwerten erfordern erweiterte Strategien ärztlicherseits komplexe Entscheidungsprozesse. Ziel dieser Untersuchung war, Erkenntnisse zum Vorgehen im Rahmen der Therapieeskalation zu generieren. Dies betrifft sowohl die Ebene der Therapiewahl (zusätzliche OAD-Gabe vs. Intensivierung der Insulintherapie) als auch die zu Grunde liegenden Entscheidungskriterien.

Methodik: Standardisierte retrospektive, schriftliche Befragung von Ärzten im ambulanten Bereich (05/2010–10/2010). Dokumentation von Daten zu Art und Dosierung der bisherigen und eskalierten antihyperglykämischen Therapie sowie von relevanten Entscheidungskriterien für die Therapiewahl. Die statistische Auswertung erfolgte deskriptiv mittels SAS (Version 9.2).

Ergebnisse: Insgesamt dokumentierten 855 diabetologisch tätige Ärzte 10.188 Patienten (Daten vor Therapieausweitung [MW±SD]: Alter 62,9±11,6 Jahre; BMI 31,2±5,6kg/m2; Erkrankungsdauer T2DM8,2±6,4 Jahre; Zeitraum Basalinsulintherapie 3,1±3,4 Jahre; zusätzlich OAD 77,2% – davon Metformin 85,6%; HbA1c 8,3±1,3%). Bei 80,4% der Patienten mit vorheriger Metformin-Therapie wurde diese fortgesetzt. Ausweitung des Therapieregimes: OAD zusätzlich zu Basalinsulin erhielten 41,5% aller Patienten, bei 56% wurde die Insulintherapie intensiviert. Zum Zeitpunkt der Eskalation bekamen in der „OAD-Gruppe„ neu 63% DPP-4-Hemmer, 37,6% Metformin, 10,3% Sulfonylharnstoffe, 3,4% Glitazone; in der „Insulin-Gruppe„ erhielten 67,3% eine ICT, 28,4% eine CT. Entscheidungskriterien: Leitkriterium für die Therapieausweitung war ein zu hoher ppBZ (62,9%). Eine effiziente HbA1c-Senkung war mit 70% in beiden Gruppen das bedeutendste Kriterium für die Therapiewahl. Für die OAD-Wahl folgten keine zusätzliche Gewichtszunahme (65,2%) oder Hypoglykämien (53,5%). Die Wahl des Insulinregimes wurde vor allem durch eine gezielte Therapie des ppBZ (65,9%) determiniert, gefolgt von der Therapie des NBZ (32,8%) und Flexibilität (30,0%). In der „OAD-Gruppe„ wurde bei 29,3% die Basalinsulindosis verändert, im Mittel um je ˜1 I.E. morgens/abends reduziert.

Schlussfolgerungen: Erstmals wurden für Patienten mit T2DM und bestehender Basalinsulintherapie in dieser Studie ausführlich das „Wie„ und das „Warum„ einer Therapieeskalation dokumentiert. Trotz eines HbA1c deutlich >6,5% wurde nur bei ca. jedem zweiten Patienten die Insulintherapie intensiviert, mehr als jeder Dritte erhielt eine orale Therapieausweitung. Leitende Kriterien für die Therapieentscheidung zeigen wiederum eine hohe Deckungsgleichheit mit den aktuellen Leitlinienempfehlungen und unterstreichen die Bedeutung des ppBZ als auch die Vermeidung von Gewichtszunahme und Hypoglykämien als Therapiebegleitziele.