Diabetologie und Stoffwechsel 2011; 6 - P147
DOI: 10.1055/s-0031-1277418

Kein Unterschied in Sozialstatus und HbA1c zwischen Patienten mit konventioneller und intensivierter Insulintherapie

E Beluchin 1, L Bäz 1, N Müller 1, C Kloos 1, G Wolf 1, UA Müller 1
  • 1Uniklinik Jena, FB Endokrinologie und Stoffwechselerkrankungen, Jena, Germany

Einleitung: Die intensivierte Insulintherapie (ICT) verbesserte bei Patienten mit Typ 1 Diabetes den Glukosestoffwechsel, die Lebensqualtiät und führte zu einer Abnahme von mikro- und makrovaskulären Komplikationen. Seit Publikation der Kumamoto-Studie wurde diese Therapieform zunehmend auch bei Patienten mit Typ 2 Diabetes angewendet. Gute Erfahrungen in der klinischen Routine können durch einen Selektionsirrtum mit Bevorzugung von Patienten mit höherem Sozialstatus und/oder höher Motivation mitverursacht sein.

Patienten/Methoden: Es wurden Daten von 300 Patienten mit Typ 2 Diabetes und konventioneller (CT), sowie intensivierter Insulintherapie (ICT) analysiert. Patientencharakteristik: Alter 66,8J.; Diabetesdauer 15,8J.; BMI 32,9kg/m2; HbA1c 7,4%. Der Sozialstatusscore (3–21 Punkte) wurde aus Bildungsstand, höchster beruflicher Stellung und Haushaltsnettoeinkommen (je 1–7 Punkte) ermittelt. Der HbA1c wurde DCCT adjustiert. Alle Patienten erhielten eine strukturierte Patientenschulung. Die Erhebung der Daten erfolgte mithilfe der digitalen Patientenakte EMIL®. Mehr als zwei Insulininjektionen pro Tag wurden als intensivierte Insulintherapie definiert.

Ergebnisse: 172 von 300 Patienten (57,3%) bekamen eine intensivierte und 128 (42,7%) eine konventionelle Insulintherapie. Zum Zeitpunkt der Querschnittsuntersuchung waren die Patienten mit einer intensivierten Therapie vier Jahre jünger (ICT vs. CT: 65,1±9,5 vs. 69,0±8,8 Jahre; p<0,001), hatten einen signifikant höheren BMI (ICT vs. CT: 33,5±6,5 vs. 32,0±4,9) und eine tendenziell längere Diabetesdauer (ICT vs. CT: 16,4±8,7 vs. 14,9±8,7 Jahre; p=0,14). Außerdem hatten Patienten mit ICT ein signifikant längeres Follow up (ICT vs. CT: 8,0±5,1 vs. 5,5±4,2 Jahre; p<0,001). Der Sozialstatus-Score war nicht signifikant unterschiedlich (ICT vs. CT: 10,9±3,1 vs. 10,4±3,3; n.s.). Die Geschlechtsverteilung war in beiden Gruppen gleich (55% Männer, 45% Frauen). Es konnte kein signifikanter Unterschied im HbA1c zwischen den Behandlungsgruppen beobachtet werden (ICT vs. CT: 7,4±1,0 vs. 7,3±1,1%; n.s.). Patienten mit ICT benötigten signifikant mehr Insulin (ICT vs. CT: 78,4±58,6 vs. 43,1±27,9 IE/d; p<0,001), spritzten signifikant häufiger Insulin (ICT vs. CT: 3,8±0,8 vs. 1,8±0,5 Injekt./d; p<0,001) und führten mehr Blutglukoseselbstkontrollen durch (ICT vs. CT: 25,8±6,4 vs. 17,7±7,5 Tests/Wo.; p<0,001). Außerdem passten Patienten mit intensivierter Therapie signifikant häufiger die Insulindosis selbst an (ICT vs. CT: 15,7±14,1 vs. 5,1±8,1 Insulindosisanpassungen/14d; p<0,001).

Schlussfolgerung: Bei Patienten mit Typ 2 Diabetes in einer endokrinologischen Universitätspoliklinik ist bei der Entscheidung für eine intensive oder konventionelle Insulintherapie kein Sozialbias nachweisbar. Die intensive Therapie mit häufigen Blutglukosemessungen, Insulindosisanpassungen und höheren Insulindosen ist im Vergleich zur konventionellen Therapie nicht mit besseren HbA1c-Werten assoziiert.