Diabetologie und Stoffwechsel 2011; 6 - FV35
DOI: 10.1055/s-0031-1277306

Die hepatische Glucokinasetranslokation und Glucosephosphorylierung ist direkt an die Blutglucosekonzentration gekoppelt

M Kaminski 1, S Lenzen 1, S Baltrusch 2
  • 1Medizinische Hochschule Hannover, Institut für Klinische Biochemie, Hannover, Germany
  • 2Universität Rostock, Institut für Medizinische Biochemie und Molekularbiologie, Rostock, Germany

Fragestellung: Das Glucosesensorenzym Glucokinase (GK) spielt eine wesentliche Rolle in der Regulation der Blutglucosehomöostase. Das Enzym wird in Beta-Zellen des Pankreas und der Leber exprimiert. Das GK Regulator Protein (GRP) ist nur in der Leber nachweisbar und vermittelt dort einen Kernimport der GK und gleichzeitig eine Inaktivierung des Enzyms bei niedrigen Glucosekonzentrationen. Die Regulation des Kernexports der GK ist bisher weitgehend ungeklärt. Dabei stellt sich insbesondere die Frage nach dem Glucoseflux zwischen Zytoplasma und Zellkern. Es war das Ziel dieser Studie, die Rolle des GRP und der Glucose im Kernexport der GK zu untersuchen.

Methodik: Hepatozyten wurden aus Wistar-Ratten isoliert und vergleichend zu MIN6 und COS Zellen analysiert. Die GK Enzymaktivität wurde photometrisch gemessen. Die Lokalisierung, Translokation und Interaktion von GK und GRP wurde mittels Fusion mit Fluoreszenzproteinen (EYFP, TagRFP, Dendra2, PA-GFP) und immunhistochemisch untersucht. Die Veränderung der intrazellulären Glucosekonzentration wurde in Echtzeit in Perifusionsexperimenten mikroskopisch bestimmt. Zur intrazellulären Auflösung wurde ein zytoplasmatisches (FLIPglu) und ein nukleäres (FLIPglu-NUC) Sensorkonstrukt verwendet.

Ergebnisse: In Hepatozyten zeigte die GK in ihrer Kern/Zytoplasma Verteilung eine signifikante Abnahme bei Kultivierung mit 20 mM Glucose im Vergleich zu 5 mM. Diese Veränderung der Kern/Zytoplasma Verteilung konnte für das GRP nicht ermittelt werden. Die Interaktion zwischen GK und GRP im Kern war bei 20 mM Glucose signifikant niedriger als bei 5 mM. Nach Isolierung der Kernfraktion und Behandlung mit 100 mM Glucose war GK Enzymaktiviät messbar. Vergleichbare Ergebnisse konnten in MIN6 Zellen ermittelt werden, wenn das GRP überexprimiert wurde. Durch selektive Photokonvertierung konnte gezeigt werden, dass sich eine Fraktion des GRP in Hepatozyten sowohl bei 5 mM als auch bei 20 mM Glucose zwischen Kern und Zytoplasma bewegt. Eine hierzu parallele Translokation konnte für die GK nicht ermittelt werden. Mittels des Glucosesensors konnte in Umströmungsexperimenten gezeigt werden, dass in Hepatozyten, nicht aber in MIN6 und COS Zellen die Glucoseaufnahme in den Kern nahezu parallel zur Aufnahme ins Zytoplasma erfolgt. Während sich der Glucosemetabolismus in Hepatozyten und MIN6 Zellen im Zytoplasma nicht unterschied, war er im Kern von Hepatozyten im Vergleich zu MIN6 und COS Zellen verdoppelt. Die Überexpression des GRP führte in MIN6 Zellen zu einem Anstieg des Glucosemetabolismus im Kern.

Schlussfolgerung: Die GK wird nicht im Komplex mit dem GRP aus dem Zellkern exportiert. Es konnte erstmals gezeigt werden, dass sich die GK glucoseinduziert vom GRP im Kern ablöst und dort enzymatisch aktiv ist. Diese Erkenntnis könnte die Entwicklung von Substanzen stimulieren, die die GK aus der GRP Bindung trennen und damit einen neuen therapeutischen Ansatz zur Senkung des Blutglucosespiegels im Typ 2 Diabetes mellitus darstellen.