Diabetologie und Stoffwechsel 2011; 6 - FV8
DOI: 10.1055/s-0031-1277279

Kinetik der Insulinsekretion und klinischer Phänotyp in einer unselektionierten Kohorte von Patienten mit cystischer Fibrose

L Anzeneder 1, F Kircher 1, N Feghelm 1, R Fischer 2, J Seissler 1
  • 1Diabetes Zentrum, Medizinische Klinik Innenstadt LMU, München, Germany
  • 2Abt. für Pneumologie, Medizinische Klinik Innenstadt LMU, München, Germany

Fragestellung: Aufgrund der steigenden Lebenserwartung von Patienten mit cystischer Fibrose (CF) nimmt die Prävalenz einer gestörte Glukosetoleranz (IGT) und eines Diabetes mellitus kontinuierlich zu. In der vorliegenden Studie wurde der Einfluss der Insulin- und GLP-1-Sekretion und der Insulinresistenz auf den Glukosestoffwechsel und den klinischen Status in einer nicht-selektionierten Kohorte von CF-Patienten untersucht.

Methodik: Rekrutiert wurden 34 nicht-diabetische Patienten (Alter 30,2±8 Jahre, BMI 20,9±2,5kg/m2) aus der CF-Ambulanz und 10 alters- und BMI-gleiche Kontrollpersonen. Im oralen Glukosetoleranztest (oGTT) wurde die frühe (FP=0–30min) und späte Phase (30–180min) der Insulin- und GLP-1-Sekretion ermittelt. Metabolische Parameter und Indices der Insulinsekretion (HOMA%B, Stumvoll-FPIR) und Insulinresistenz (HOMA-IR, ISI-Stumvoll) wurden korreliert mit Ernährungsstaus (BMI) und spirometrischen Daten (forciertes exspiratorisches 1s Volumen, FEV1).

Ergebnisse: Nur 17 CF-Patienten (50%) zeigten eine normale Glukosetoleranz (NGT), 4 (12%) einen gestörten Nüchternblutzucker (IFG), 8 (23%) eine IGT und bei 5 (15%) Probanden wurde ein CF-assoziierter Diabetes (CFRD) neu diagnostiziert. Im oGTT war der maximale Insulinpeak und die totale Insulinsekretionskapazität nicht unterschiedlich in den CF-Gruppen (AUCinsulin0–120min NGT: 3296±547µU/ml, IFG: 3694±809µU/ml, IGT: 3337±535µU/ml, CFRD: 2387±318µU/ml) und den Kontrollpersonen (3704±335µU/ml). Bei CF-Patienten war aber eine verminderte FP-Insulinsekretion und die zeitliche Verschiebung des Insulinpeaks assoziiert mit der Verschlechterung der Glukosetoleranz (Stumvoll-FPIR NGT:450±291; IFG:252±203; IGT:309±254; CFRD:18±41; Kontrollen:950±388). Die Insulinsekretion korrelierte invers mit dem Glukoseprofil, so dass bei IFG und IGT hohe postprandiale (pp) Glukosespiegel innerhalb der ersten 60 Minuten und ein Blutzuckerabfall nach 120–180min zu beobachten waren. Hohe maximale Glukosespiegel korrelierten mit einer verminderten FEV1 (rs=-0,5, p=0,002) und reduziertem BMI. Parameter der Insulinresistenz und die GLP-1 Spiegel im oGTT waren nicht unterschiedlich im Vergleich zu den gesunden Kontrollen.

Schlussfolgerungen: Unsere Daten zeigen, dass die Prävalenz einer IGT und eines CFRD noch immer unterschätzt wird. Bei CF liegt keine klassische Insulinopenie sondern eine Störung der Betazellfunktion bei normaler GLP-1 Sekretion vor. Die Kinetik der Insulinsekretion erklärt den klinischen Phänotyp mit sehr hohen pp Glukosewerten und der Neigung zu niedrigen bis hypoglykämischen Werten in der späten pp Phase. Die Korrelation zwischen maximalem Glukosepeak und einem verschlechterten klinischen Status (FEV1, BMI) könnte bedeuten, dass CF-Patienten früher behandelt werden sollten und evtl. bereits in der IGT-Phase von einer Insulintherapie profitieren.