Rofo 2011; 183(3): 209
DOI: 10.1055/s-0031-1274575
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Lungenkarzinom – Welchen Einfluss haben CAD-Ergebnisse auf diagnostische Entscheidungen?

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Publication Date:
22 February 2011 (online)

 

Computerassistierte Diagnoseverfahren (Computer-aided Detection, CAD) sollen die Erkennung pulmonaler Rundherde verbessern und damit die Sensitivität der Thorax-Röntgenuntersuchung erhöhen. Die Detektionsrate hängt von der Leistungsfähigkeit des CAD-Systems und der Wahrnehmungsgenauigkeit des Untersuchers ab. Bartjan de Hoop et al. haben untersucht, welchen Einfluss CAD-Ergebnisse auf die Erkennung früher Lungenkarzinomstadien haben.

Radiology 2010; 257: 532–540

Röntgenbild des Thorax: große Raumforderung im linken Oberlappen (histologisch kleinzelliges Bronchialkarzinom), (Bild: Serke M, Schönfeld N. Dtsch med Wochenschr 2007; 132: 1165–1169).

In die retrospektive Studie wurden Hochrisikopatienten zwischen 50 und 75 Jahren eingeschlossen, deren im CT-Screening entdeckter Lungenkrebs histologisch bestätigt war. Die folgenden Röntgenaufnahmen mussten innerhalb von 6 Wochen nach der CT angefertigt worden sein. Insgesamt bildeten 46 Patienten mit 49 malignen Lungenläsionen diese Studiengruppe. Personen einer Kontrollgruppe durften im CT keine Lungenrundherde > 5 mm Durchmesser aufweisen, deren Größe über mindestens 2 Jahre Follow-up auch nicht zunahm. Keiner dieser 65 Patienten entwickelte im Nachbeobachtungszeitraum Lungenkrebs. Die Untersuchergruppe bestand aus 2 Radiologen mit 6 bzw. 20 Jahren Erfahrung und 4 Assistenzärzten für Radiologie mit 1–4 Jahren Erfahrung. Sie bewerteten die Röntgenaufnahmen zuerst ohne, dann mit den CAD-Ergebnissen.

In der Studiengruppe betrugen die Durchmesser der Tumoren 5,1–50,7 mm. Ohne CAD wurden 20% der malignen Lungenrundherde von allen 6 Untersuchern erkannt, 16% wurden nicht erkannt, weder mit noch ohne CAD. Die Sensitivität des CAD-Systems allein erreichte 61% mit durchschnittlich 2,4 falsch positiven Klassifikationen pro Röntgenaufnahme. Die beiden Radiologen mit langjähriger Erfahrung erreichten ohne CAD-Ergebnisse eine Gütezahl von 0,72 und eine durchschnittliche Sensitivität von 63% mit 0,23 falsch positiven Entscheidungen pro Aufnahme. Ebenfalls ohne CAD betrug die Gütezahl bei den Assistenzärzten 0,58 und sie erreichten eine Sensitivität von durchschnittlich 49% mit 0,45 falsch positiven Entscheidungen.

War es den Untersuchern erlaubt, Ihre Bewertungen anhand der CAD-Bewertungen anzupassen, waren die Veränderungen der Gütezahl und Sensitivität für alle Radiologen nicht signifikant. In einer Subanalyse mit auffälligeren Läsionen (23 ohne CAD erkannte Läsionen durch mindestens 3 Untersucher) verbesserte die Anpassung mit CAD bei den Assistenzärzten die Gütezahl signifikant (p < 0,001) und die Sensitivität stieg von 75% (ohne CAD) auf 84%. Durften Bewertungen anhand der CAD-Ergebnisse nur erhöht werden, sanken bei allen Untersuchern die durchschnittlichen Gütezahlen, wogegen sich die Sensitivitäten leicht verbesserten (erfahrene Radiologen von 63 auf 64%, Assistenzärzte von 49 auf 55%). Alle Untersucher gaben etwas mehr falsch positive Klassifikationen pro Röntgenaufnahme ab. Im Vergleich zu den erfahrenen Radiologen akzeptierten Assistenzärzte durchschnittlich mehr falsch positive CAD-Bewertungen (1 pro 10 vs. 1 pro 19 Röntgenaufnahmen). Die Zahl maligner Läsionen, die zunächst von allen Ärzten nicht, aber vom CAD-System richtig erkannt worden sind, variierte zwischen 5 und 16. Die Untersucher lehnten 80% der richtig positiven CAD-Befunde ab.

Fazit

Die hohe Rate falsch positiver Ergebnisse limitierte den positiven prädiktiven Wert des CAD-Systems. Die Detektionsraten für maligne Lungenrundherde dieses Systems sind mit denen erfahrener Radiologen vergleichbar. Nach Meinung der Autoren verbesserte das Verfahren die Erkennung auffälligerer Läsionen durch weniger erfahrene Untersucher.

Matthias Manych, Berlin (Medizinjournalist)

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