Gesundheitswesen 2011; 73 - P48
DOI: 10.1055/s-0031-1274497

Fehlinformation als Quelle ungleicher Gesundheitschancen – Am Beispiel der Auskünfte Gesetzlicher Krankenkassen bezüglich zahnärztlicher Vorsorgeuntersuchungen

U Zier 1, H Rüger 1, E Münster 1
  • 1Universitätsmedizin der Johannes Gutenberg Universität Mainz, Institut für Arbeits-, Sozial- und Umweltmedizin

Recherchen zu Vorsorgeleistungen im Gesundheitssystem zeigten die Verbreitung von fehlerhaften Informationen, die zur verminderten Realisierung von Gesundheitschancen führen kann. Um die Problematik abzubilden, wurden Gesetzliche Krankenkassen (GKK) systematisch zur Zuzahlungsregelung bei der zahnärztlichen Vorsorgeuntersuchung für Erwachsene befragt. Laut Bundesmantelvertrag – Zahnärzte bzw. Ersatzkassenvertrag – Zahnärzte ist diese Untersuchung zwei Mal im Kalenderjahr von Zuzahlungen befreit, wenn dazwischen jeweils mindestens vier Monate vergehen.

Für die Befragung wurde eine Stichprobe von 20 GKK ausgewählt, die für Pflichtversicherte in Rheinland-Pfalz sowie für alle Berufsgruppen geöffnet sind. Um ein repräsentatives Bild für die Mehrzahl der Versicherten zu erhalten und mögliche strukturelle Unterschiede berücksichtigen zu können, wurden die 15 GKK mit den meisten und die fünf mit den wenigsten Versicherten ausgewählt. Die jeweiligen Servicetelefone wurden kontaktiert und eine alltägliche Beratungssituation simuliert. Dabei wurde nach der jährlichen Anzahl der zuzahlungsfreien Zahnvorsorgeuntersuchungen für Erwachsene gefragt. In zwölf Fällen (60%) wurde die falsche Auskunft erteilt, dass lediglich eine Untersuchung pro Kalenderjahr zuzahlungsfrei ist. Nach Nennung der korrekten vertraglichen Grundlage durch den Anrufer berichtigten 4 Servicestellen ihre Auskunft. Einmal wurde die Auskunft verweigert. Lediglich sieben Servicestellen gaben auf Anhieb fehlerfreie Auskünfte.

Am Beispiel der Zuzahlungsbefreiung der halbjährlichen Zahnvorsorgeuntersuchung zeigte sich, dass systematisch falsche Informationen gegeben werden. Den Versicherten der Mehrzahl der befragten GKK könnte Prävention damit erheblich erschwert werden. Es ist zu vermuten, dass die Verbreitung von Fehlinformationen nicht auf die Zahnvorsorge beschränkt ist. Insbesondere vor dem Hintergrund, dass andere Regelungen wesentlich komplexer und zum Teil strittig sind, ist davon auszugehen, dass die Gesundheitschancen von gesetzlich Versicherten durch ein generelles Systemproblem gemindert werden.